Rektor Bast nach dem Universitätengipfel: Diese Regierung ist gesprächsunfähig und gesprächsunwillig

23. November 2010 - 17:19

Das Null-Ergebnis des von Kanzler und Vizekanzler einberufenen "Universitätengipfels" vom 22.November, bei dem auch die Wissenschaftsministerin und die Unterrichtsministerin anwesend waren, beschreibt der Rektor der Universität für angewandte Kunst und Vizepräsident der Universitätenkonferenz so: Die Regierungsvertreter wollen jetzt nicht verhandeln. Die Rektoren (die ein halbes Jahr auf diesen Termin gewartet haben) und ÖH möge nächstes Jahr mit der zuständigen Wissenschaftsministerin über den Budgetbedarf der Universitäten verhandeln. Die Wissenschaftsministerin (die selbst den Finanzierungsbedarf der Universitäten ähnlich hoch einschätzt, wie die Rektoren) muss mit dem Finanzminister verhandeln. Aber mehr Geld für die Unis wird es auch dann nicht geben, wenn es tatsächlich einmal zu Verhandlungen kommen sollte.

Für Bast war der "Universitätengipfel" eine für jeden Demokraten erschütternde Demonstration der Erstarrung in hohlen politischen Ritualen und Floskeln. Der einzige Zweck aus Sicht der Regierungsvertreter war offensichtlich, einen Anlass für eine Medieninszenierung bekannter Statements der Regierung abzugeben. Kanzler und Vizekanzler eröffneten das Gipfelgespräch mit dem ausdrücklichen Hinweis: Verhandelt wird hier nicht! Und nach einer weiteren halben Stunde belehrten Kanzler und Vizekanzler die Rektoren (die ÖH war schon gegangen): "Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, zu erwarten, dass wir hier die Budgetbeschlüsse der Bundesregierung noch einmal aufmachen!"

Das Ausmaß politisch deformierter Kommunikationsverweigerung geht sogar so weit, dass die Gesetze der Mathematik durch (offenbar milieubedingt verursachte) politische Wahrnehmungsreduktion außer Kraft gesetzt werden: Man nickt zur (durch OECD-Daten gestützten) Aussage, dass Österreich mehr Studierende braucht, um gleich darauf zu erklären, dass es nur darum gehe, bei sinkenden Uni-Budgets ein neues System der Studienplatzfinanzierung zu erfinden. Dass die WU derzeit pro Studienplatz und Jahr ca. 2.500 Euro aus Steuermitteln bekommt, während ein FH-Studienplatz vom Bund mit mehr als 5.000 Euro finanziert wird und die deutsche Regierung bei der aktuellen Aufstockung von Studienplätzen mit 26.000 Euro kalkuliert, wird von den Regierungsvertretern ausgeblendet. Verhandlungen über Modelle der Studienplatzfinanzierung kommen für Bast nur in Frage, wenn
außer Streit gestellt wird, dass die Universitäten mehr Budget bekommen - und zwar über die bloße Abdeckung der jährlichen Kostensteigerungen hinausgehend.

Die eingeschränkte Wahrnehmungs- und/oder Kommunikationsfähigkeit geht sogar so weit, dass der Vizekanzler nach dem Gipfel den Medien verkündete, über konkrete Summen für die Unis habe man gar nicht geredet. In Wirklichkeit haben die Rektoren natürlich auf eine Lösung des Finanzierungsbedarfes von Euro 300 Mio. jährlich nur zur Deckung der Kostensteigerungen gedrängt. Kanzler und Vizekanzler: Das werden Sie dann mit der Wissenschaftsministerin zu verhandeln haben.

Rektoren: Die Wissenschaftsministerin hat schon mehrfach festgestellt, dass Euro 250 Mio. fehlen.

Vizekanzler: Diese Zahlen kann ich nicht bestätigen. Das wird dann die Frau Wissenschaftsministerin mit dem Finanzminister zu verhandeln haben.

Rektoren: Heißt das, dass die Regierung Verhandlungen mit dem Ziel der ausreichenden Finanzierung der Unis führen wird, ohne dass ein Rückbau der Unis erzwungen wird?

Vizekanzler: Der Finanzrahmen bis 2014 (der die reale Budgetsenkung für die Unis vorsieht) muss halten.

Angesichts der offensichtlichen Tatsache dass sie Regierung nicht bereit ist, an der Lösung der selbst von der Wissenschaftsministerin erkannten Probleme ("Wenn die Unis nicht 250 Mio Euro frisches Geld bekommen, dann müssen 2/3 der ProfessorInnen gekündigt werden!") zu arbeiten, fordert Rektor Bast die Nationalratsabgeordneten auf, rasch eine parlamentarische Enquete zur Lösung der Uni-Krise einzuberufen. Zweck dieser Enquete soll es sein, Entscheidungsgrundlagen für die Beschlussfassung des Budgets 2011 und des BundesFinanzrahmengesetzes für 2012-2015 zu erhalten. "Nehmen Sie ihre Verantwortung als nur der Verfassung und dem Wohl dieses Landes verpflichtete weisungsungebundene Abgeordnete wahr! Treten Sie den Gegenbeweis zur leider weit verbreiteten Einschätzung an, dass der Nationalrat nur eine Abstimmungsmaschine für die Regierung sei. Was für die Zukunft unseres Staates getan werden muss, zeigen die heute veröffentlichten aktuellen Arbeitslosenzahlen: 18% der Personen mit Pflichtschulabschluss sind Arbeitslos, 6% der Personen mit Lehrabschluss, 4% der MaturantInnen und 2% der HochschulabsolventInnen!" apelliert Bast an die ParlamentarierInnen. (OTS)

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