OECD: Österreichs Forschungssystem muss mehr Wirkung erzielen

13. Dezember 2018 - 14:41

Österreich wird nur dann ein führendes Innovationsland, wenn es sein Forschungssystem so umbaut, dass es mehr Wirkung erzielt. Das rät die OECD in einem Bericht zum Innovationssystem. Substanziell mehr Geld wird darin nicht gefordert, vielmehr sollen Exzellenz gefördert, Forschungserkenntnisse stärker in die Wirtschaft gebracht und Karrierechancen geboten werden.

Länderbericht rät zu Fokus auf Exzellenz
Länderbericht rät zu Fokus auf Exzellenz

Die OECD konstatiert Österreich einen "bemerkenswerten" Aufschwung in Forschung und Entwicklung (F&E) seit Ende der 1990er Jahre. 2018 wird die F&E-Quote laut Statistik Austria voraussichtlich 3,19 Prozent des BIP betragen. Die in der von der Regierung beschlossenen Forschungsstrategie (FTI-Strategie) angepeilten 3,76 Prozent bis 2020 werden laut OECD aber höchstwahrscheinlich nicht erreicht.

Die in den vergangenen Jahrzehnten auf starkes Wachstum fokussierte Innovationspolitik brauche nun inhaltliche Veränderungen, heißt es in dem Bericht, der ein wichtiger Orientierungspunkt für das angekündigte Forschungsfinanzierungsgesetz und den Nachfolger der aktuellen FTI-Strategie sein soll. Anstatt sich weiter auf die Erhöhung des "Inputs" zu konzentrieren, raten die Experten zu einem stärkeren Fokus auf "effektivere, wirkungsorientierte" Förderungen und Investitionen. Trotz guter finanzieller Ausstattung liege man im "Output" vielfach hinter den Spitzennationen.

Mehr Geld für den FWF

Mehrfach weisen die OECD-Experten auf die im internationalen Vergleich geringe Dotation der im Wettbewerb vergebenen Mittel für die Grundlagenforschung hin. Das wirke sich auch auf die heimischen Universitäten aus, die sich schwertäten, hoch talentierte Forscher und Studenten anzuziehen bzw. zu halten. Dementsprechend sollte der vorrangig in diesem Bereich tätige Wissenschaftsfonds FWF mit einem Budget ähnlich dem vergleichbarer Institutionen in führenden Ländern wie der Schweiz, den Niederlanden oder Dänemark bedacht und eine aktuell in Ausarbeitung befindliche Exzellenzinitiative aus der Taufe gehoben werden.

Im Vergleich mit anderen Ländern müssten die Unis auch mit relativ wenig Budget pro Student auskommen. Das im Zuge der kommenden Leistungsvereinbarungen (2019-2021) deutlich erhöhte Uni-Budget sei zwar ein Schritt vorwärts, die Auswirkungen sollten aber genau analysiert werden. Es sei nämlich fraglich, ob dadurch auch die Forschungsleistung erhöht werde.

Neben dem weiteren Ausbau des Fachhochschulsektors sollten an den Hochschulen Laufbahnstellenmodelle ("Tenure Track") weiterentwickelt, Arbeitsbedingungen verbessert und Jungforscher sowie riskante, ambitionierte Vorhaben gezielter gefördert werden. Vor allem hinke Österreich beim Frauenanteil in der Forschung im Vergleich mit anderen Ländern hinterher: Während der Anteil 2017 im EU-Schnitt 36 Prozent betrug, waren es hierzulande nur 23 Prozent.

Intensivere Verbindung mit Industrie

In punkto Übersetzung von Erkenntnissen in Richtung Wirtschaft brauche es mehr staatliche Unterstützung für innovative Firmen mit Wachstumspotenzial mit Fokus auf neue Technologien. Besonderes Augenmerk sollte auf Schlüsselbereiche der "Industrie 4.0", Big-Data oder Künstliche Intelligenz (KI) gelegt werden. Es brauche stärkere Verbindungen zwischen der Forschung und Industrie in neuen Feldern, die radikale Innovationen erfordern. Ein besseres Zusammenspiel zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung sei nötig, um die großen gesellschaftlichen Herausforderungen, die etwa die wachsende, alternde Bevölkerung, Armut, die Energiewende oder der Klimawandel mit sich bringen, anzugehen.

Wie bereits von der Regierung angekündigt, rät auch die OECD dazu, die drei wissenschaftlichen Beratungsgremien (Forschungsrat, Wissenschaftsrat, ERA-Council) in einer Institution mit klarem Auftrag und Kompetenzen zu bündeln. Bestehende Förderprogramme sollten in Evaluationen verstärkt überprüft werden. Angesichts der weitverbreiteten Förderung von forschenden Unternehmen durch Steuererleichterungen im Rahmen der Forschungsprämie weist die OECD darauf hin, dass direkte Förderungen besser geeignet sind, Aktivitäten in kritischen Bereichen voranzutreiben, die zu wenig Aufmerksamkeit bekommen.

Bei der kommenden FTI-Strategie sollte die Bundesregierung wenige, strategische Ziele setzten, bei denen man Innovationsführerschaft anstrebt. Da das kommende EU-Forschungsrahmenprogramm "Horizon Europe" klare Schwerpunkte auf missionsorientierte Wissenschaft zu zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen legen wird, sollte sich Österreich auch daran orientieren. Außerdem biete die Strategie eine Chance, die Zusammenarbeit der im Innovationssystem engagierten Ministerien, Bundesländer und Förderstellen zu verbessern und zu vereinfachen.

"Stärken" und "Gefahren" des Forschungssystems

In den Rubriken "Stärken", "Chancen", "Schwächen" und "Gefahren" finden sich u.a. folgende Punkte:

"STÄRKEN":

- Rasche Fortschritte im Ausbildungssektor

- Große Steigerungen in der Forschungs- und Entwicklungsintensität (F&E) über fast alle Industriesektoren und von Großkonzernen bis zu KMUs

- Erhöhung des wissenschaftlichen Outputs mit bemerkenswerten institutionellen Innovationen (z.B. das Institute for Science and Technology Austria) und einigen internationalen Forschungs-Stärkefeldern wie Quantenkommunikation

- Vielfältige außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, die in verschiedenen Gebieten den Technologietransfer mit der Wirtschaft vorantreiben

- Starkes politisches Bekenntnis zu Innovation und Digitalisierung

"CHANCEN":

- Potenzial zu Verbesserungen im Ausbildungsbereich ("Human Ressources") und zur Anhebung des Frauenanteils in Forschung, Technologie und Innovation (FTI)

- Stärkung der Exzellenz in der (Grundlagen-)Forschung und der im Wettbewerb vergebenen Förderungen; Schaffung neuer Verbindungen zwischen Industrie und Wissenschaft

- Hochwertige und international sichtbarere Universitäten durch eine Exzellenzinitiative

- Veränderung der Forschungspolitik und -förderung in Richtung gezielterer Initiativen, etwa zur Entwicklung neuer Märkte und zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen

- Erweiterung des Fokus der Innovationspolitik über F&E-Input-Ziele hinaus in Richtung Output- und Wirkungsorientierung

- Aufbau des philanthropischen Engagements in F&E

"SCHWÄCHEN":

- Wirtschaftsumfeld bietet wenige Möglichkeiten, um das Wachstum von Firmen zu unterstützen

- Restriktiver Zugang zu Daten behindert datengetriebene Innovationen und effektive Politik-Evaluation

- Schwächere Performance des Bildungssystems, hohe Drop-out-Raten an Unis, Defizite in der Erwachsenenbildung

- Mankos bei international sichtbaren Unis und Forschungsinstituten

- Fragmentierung und Mangel an effektiver Koordination in Planung und Umsetzung der Forschungs- und Innovationspolitik

"GEFAHREN":

- Scheitern bei der Erschließung von zusätzlichen Technologie-, Forschungs- und Wissensgebieten

- Versagen beim Aufbau eines Ökosystems für innovative Unternehmen und deren Wachstum

- Schwierigkeiten beim Anwerben und Halten von hoch talentiertem (wissenschaftlichen) Personal

- Verlust an Attraktivität als Standort für F&E-Investitionen von multinationalen Konzernen

- Fehlende Flexibilität bei FTI-Politik und -Institutionen

Service: Der Bericht findet sich online unter: http://go.apa.at/cIXRwGRX

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP))

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