Kurzschluss erlaubt Nervenzell-Überbrückung im Gedächtniszentrum

23. September 2022 - 17:23

Im Normalfall gelangt ein Signal über Verästelungen namens Dendriten in den Zellkörper von Nervenzellen, wo es entweder unterdrückt oder auf benachbarte Zellen weitergeben wird. Letzteres erfolgt über sogenannte Axone - ebenfalls dünne Fortsätze der Neuronen. Dass es aber auch eine Art Überbrückung dieses Ablaufes im als Gedächtnis- und Erinnerungszentrum des Gehirns bekannten Hippocampus gibt, zeigten nun Forscher aus Deutschland und Linz im Fachblatt "Science".

Drei gefärbte Nervenzellen im Hippocampus
Drei gefärbte Nervenzellen im Hippocampus

Nervenzellen geben Informationen über Aktionspotenziale weiter. Dabei handelt es sich um eine Art elektrische Entladung, die über Verbindungen an andere Zellen übertragen werden kann. Die Weiterleitung oder Hemmung eines solchen Signals bildet beispielsweise die Grundlage des Lernens.

Bei rund der Hälfte der Nervenzellen im Hippocampus fand ein Team um Forscher von den Universitäten in Heidelberg und Tübingen (beide Deutschland) und von der Universität Linz jedoch in früheren Arbeiten heraus, dass sie sich nicht an diesen lehrbuchmäßigen Bauplan halten. Bei diesen speziellen "Pyramidenzellen" zweigen Axone schon am Dendriten ab. Somit entstehen potenzielle Wege zur Weiterleitung eines Signals ohne dass dabei der Zellkörper eingebunden wird. Damit könnte die Option der Nicht-Weitergabe also ausfallen, da die Strukturen umgangen werden, die für die Hemmung zuständig sind.

Die Hemmung des Zellkörpers ist allerdings wichtig. So spielen regelmäßig ausgelöste Ruhephasen eine wichtige Rolle etwa bei der Abstimmung zwischen verschiedenen Arealen des Gehirns, hieß es am Freitag in einer Aussendung der Uni Linz. Das Team um Martin Both (Uni Heidelberg) und Maren Engelhardt (Uni Linz) erforschte nun die unüblich gebauten "AcD Zellen" genauer.

Tatsächlich zeigte sich, dass "die Nervenzellen mit einem Axon am Dendriten ihren vom neuronalen Netzwerk verordneten Aktivitätsrhythmus durch einen 'Signal-Kurzschluss' umgehen können", so die Forscher. So können Signale auch am ruhenden Zellkörper vorbeigeschleust werden. "Der Mechanismus scheint umso bedeutender zu sein, je stärker die Hemmung der Pyramidenzellen ist. Denn dann sind nur noch diese speziellen Zellen mit der Dendrit-Axon-Weiterleitung aktiv, während ihre Kollegen schlafen."

Laut den Wissenschaftern könnte es sich hier um einen Mechanismus handeln, der sicherstellt, dass wichtige Informationen nicht abhandenkommen. Es könnte auch sein, dass die vielen "AcD Zellen" in den zwei in beiden Hirnhälften liegenden Hippocampi an der Synchronisation der Gehirnhemisphären beteiligt sind.

Service: https://dx.doi.org/10.1126/science.abj1861

(APA/red, Foto: APA/JKU)

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