Wissenschafter des Klimaforschungsnetzwerks CCCA haben einen alternativen Klimaplan für Österreich erarbeitet, mit dem die EU-Vorgaben tatsächlich eingehalten werden könnten. Ein Scheitern würde nämlich nicht nur dem Klimaschutz schaden, sondern auch Milliardenkosten mit sich bringen, warnte Gottfried Kirchengast, Vertreter der Wissenschaft im Klimaschutzkomitee und Leiter des Wegener Center.
Österreich muss bis zum Ende des Jahres einen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) an die EU-Kommission übermitteln, in dem eine Liste von Maßnahmen enthalten ist, wie das vorgebene EU-Ziel erreicht werden kann, die CO2-Emissionen bis 2030 um 36 Prozent zu senken. Selbst für dieses EU-Mindestziel müsste, wie Kirchenberger bei einer Pressekonferenz sagte, "deutlich nachgebessert werden". Wenn das nicht passiert, wird es teuer: Berücksichtigt man alle Kosten durch Zertifikatszukauf, Fossilenergieimport, Subventionen und Klimaschäden, würde Österreich von 2021 bis 2030 ein geschätzter Gesamtschaden von 35 Milliarden Euro entstehen.
Ein Schritt weiter als das minimale EU-Ziel
Die Wissenschafter plädierten aber dafür, nicht nur das minimale EU-Ziel anzustreben, sondern bereits Maßnahmen einzuleiten, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens erreichen zu können. "Die Weichen dafür müssen jetzt gestellt werden", sagte Kirchengast. Die bisherigen Maßnahmen - wie auch das jüngst präsentiere ÖVP-Klimaschutzprogramm - seien dafür "vollkommen unzureichend". Die Forscher haben deshalb in Anlehnung an den Klimaplan einen alternativen "Ref-NEKP" ausgearbeitet, mit dem die Ziele auch tatsächlich erreicht werden können.
Als vordringlichste Maßnahme wertete Kirchengast eine ökosoziale Steuerreform, bei der eine CO2-Steuer für den Nichtemissionshandelsbereich in der Höhe von 100 Euro pro Tonne eingeführt werden sollte. Gleichzeitig sollten dafür Lohnkosten gesenkt werden. Dass dies möglich ist, zeige das Beispiel Schweden: Hier wurde in den 1990er-Jahren eine CO2-Steuer eingeführt, heute beträgt sie 118 Euro pro Tonne. "Die schwedische Wirtschaft ist auch nicht zusammengebrochen, im Gegenteil", sagte Sigrid Stagl vom Institut für ökologische Ökonomie an der WU.
Ein weitere Maßnahme, die theoretisch schon seit Jahren möglich ist, ist die Streichung von umweltfeindlichen Förderungen wie der Pendlerpauschale oder des Dieselprivilegs. Beim größten Klimasorgenkind, dem Verkehr, plädierte Stagl für ein völliges Umdenken. Es sei egal, ob man "im elektrischen Auto im Stau steht oder mit einem wasserstoffbetriebenen". Hier sollten transformatorische Prozesse diskutiert werden - etwa, ob der Besitz eines Privatautos heute noch zwingend für alle notwendig ist.
APA/red Foto: APA/APA (dpa)