Bei den aktuell debattierten Aufnahmetests für das Medizinstudium stehen Änderungen an: Ab 2023 soll es einen deutlich größeren Block geben, mit dem Sozialkompetenzen abgefragt werden. Die Vorarbeiten an den Medizin-Unis dafür laufen noch, bestätigt das Bildungsministerium einen Bericht der "Presse". Grundsätzlich wird der Test jedes Jahr angepasst, der Fokus in den laufenden Leistungsvereinbarungen von Medizin-Unis und Ministerium liegt auf Social Skills.
Seit 2013 entscheidet der jedes Jahr Anfang Juli durchgeführte MedAT darüber, wer an den öffentlichen Medizin-Unis Wien, Graz und Innsbruck bzw. der Medizin-Fakultät der Uni Linz die Ausbildung in Human- bzw. Zahnmedizin anfangen kann. Die derzeit 1.850 Plätze gehen an die Studienwerber mit den besten Testergebnissen, wobei 75 Prozent der Plätze für Personen mit österreichischem Maturazeugnis reserviert sind.
Inhalte des ganztägigen Tests sind Oberstufenwissen aus Biologie, Chemie, Physik und Mathematik, Lesekompetenz und Textverständnis sowie kognitive Fertigkeiten (etwa Zahlenfolge, Merkfähigkeit, Implikationen erkennen). Schon jetzt müssen in einem eigenen Testteil "sozial-emotionale Kompetenzen" nachgewiesen werden, angehende Zahnmediziner müssen auch manuelle Fertigkeiten demonstrieren.
Jährliche Evaluierung
Die Tests werden jedes Jahr evaluiert und angepasst, etwa mit Blick auf das eine Zeit lang deutlich schlechtere Abschneiden von Frauen. 2015 wurde "Soziales Entscheiden" als neues Testelement beim MedAT hinzugefügt, später wurde es um den Bereich "Emotionen erkennen" erweitert. Aktuell liegt der Schwerpunkt erneut bei den Sozialkompetenzen: In ihren jeweiligen Leistungsvereinbarungen für die Jahre 2022-24 haben sich die Medizin-Unis gegenüber der Bildungsministerium verpflichtet, gemeinsam Vorschläge "zur stärkeren Berücksichtigung der sozialen Kompetenz" in ihrem gemeinsamen Aufnahmeverfahren vorzulegen und nach Abstimmung mit dem Ministerium umzusetzen. Daran werde auch seit mehreren Monaten gearbeitet, hieß es vom Sprecher der Medizin-Uni Wien gegenüber der APA.
Im Bildungsministerium hofft man, in den nächsten Wochen die Ergebnisse dieser Arbeiten vorstellen zu können. Bis Ende des Jahres sollen die Medizin-Unis dann per Verordnung die Inhalte des MedAT für kommendes Jahr festlegen, damit eine Umsetzung im Juli 2023 möglich ist. Inhaltliches Ziel sei es, dass im bestehenden Block zu sozialen und emotionalen Fähigkeiten die Anzahl der Fragen "signifikant erhöht" und dieser Bereich damit aufgewertet wird, so ein Sprecher des Bildungsministeriums zur APA.
Die Aufnahmeverfahren zum Medizin-Studium waren immer wieder Anlass für Debatten. Stand zuletzt vor allem die Zahl der Studienanfänger-Plätze im Fokus, geht es aktuell um inhaltliche Fragen. Auslöser war die Forderung des Generalsekretärs der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde und Primar im LKH Hochsteiermark in Leoben, Reinhold Kerbl, nach einem verpflichtenden einjährigen Pflegepraktikum anstelle der Tests. Die konkrete Forderung fand in der laufenden Debatte kaum Unterstützer. "Die Pflege ist ein qualifizierter Beruf und kein Durchlaufposten für angehende Medizinstudent:innen", betonte etwa Elisabeth Potzmann, Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband, per Aussendung.
Soziale Tätigkeiten als Kriterium?
Änderungsbedarf beim Medizin-Aufnahmetest wird aber sehr wohl gesehen. Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart verlangte etwa eine stärkere Einbeziehung von empathischen Fähigkeiten beim Test. Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) will etwa die Arbeit als Rettungssanitäter, Pflegekraft oder Absolvierung eines sozialen Jahrs als zusätzliche Kriterien berücksichtigen, seine steirische Amtskollegin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) ehrenamtliche Tätigkeiten und Schulnoten. Bei Berücksichtigung sozialer Tätigkeiten sei aber eine gesetzeskonforme Umsetzung "beinahe unmöglich", warnte Medizin-Uni-Wien-Rektor Markus Müller in der "Presse".
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) war im Ö1-"Morgenjournal" nicht gegen Änderungen beim Zugang zur Mediziner-Ausbildung - fachlich ist er dafür auch gar nicht zuständig. Entscheidend ist für Rauch in Sachen Ärztemangel vielmehr die Frage, was mit den Absolventinnen und Absolventen passiert. "Lasst uns doch über das Gesamtsystem reden und nicht nur an einer kleinteiligen Schraube drehen", appellierte an alle Beteiligten, von den Ländern über die Ärztekammer bis zu Spitalsbetreibern und Ausbildungsstätten.
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