Die Erde war mehrmals in ihrer Geschichte völlig vereist und muss vom Weltraum aus wie ein riesiger Schneeball ausgesehen haben - weshalb das Phänomen "Schneeball Erde" genannt wird. Über die Gründe dieser völligen Vergletscherung gibt es mehrere Hypothesen. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung zeigt nun im Fachjournal "Science Advances", dass unter bestimmten Bedingungen auch der Einschlag eines Asteroiden eine solche Schneeball-Phase ausgelöst haben könnte.
In der Erdgeschichte gab es immer wieder Kaltzeiten, in denen die Gletscher weite Teile der nördlichen und südlichen Hemisphäre bedeckten. In einigen wenigen dieser Kaltphasen sind die Gletscher sogar bis in die Äquatorregionen vorgestoßen und die Erde wurde zum Eisplaneten.
Für mehrere solcher "Schneeball Erde"-Phasen gibt es deutliche Hinweise. Die zwei größten in den vergangenen 800 Mio. Jahren waren während der Sturtischen Eiszeit, die vor rund 717 Mio Jahren einsetzte, und während der Marinoischen Eiszeit, die vor etwa 650 Jahren begann, erklärte der Impaktforscher Christian Köberl von der Universität Wien gegenüber der APA. Weitere Spuren würden auch auf drei große Schneeball-Phasen im Zeitraum vor etwa 2,2 bis 2,5 Mrd. Jahren hindeuten.
Iridium-Konzentration durch kosmischen Staub
Köberl interessiert sich schon lange für dieses Phänomen und war auch Mitautor der aktuellen Arbeit von Wissenschaftern um Minmin Fu von der Yale University (USA). Vor rund zwei Jahrzehnten fand er Anzeichen für eine globale Vereisung in Form der Konzentration von Iridium. Dieses stammt aus dem kosmischen Staub, der permanent auf die Erde fällt, sich über die Zeit auf den Gletschern ansammelt und sich nach deren Abschmelzen als dünne Schicht anlagert. Solche Iridiumschichten lassen sich heute noch nachweisen, berichtete er damals in "Science".
"Wir haben uns auch dafür interessiert, ob ein Impakt auf der Erde ausreichen würde, um eine solche Schneeball-Phase zu beenden", sagte Köberl. Schließlich werde bei einem Asteroideneinschlag viel Staub in die Atmosphäre geschleudert, der sich dann als dunkle Schicht auf das Eis legt und so dessen Abschmelzen beschleunigen könnte. Diese schon einige Jahre zurückliegenden Berechnungen hätten gezeigt, dass das aber eher nicht ausreicht, um den Eisplaneten wieder aufzutauen, betonte der Impakt-Forscher.
Schon länger sei bekannt, dass es nach dem sogenannten Chicxulub-Impakt - jener Asteroiden-Einschlag im heutigen Golf von Mexiko, der vor 66 Millionen Jahren für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich war - längere Zeit sehr kalt geworden ist. Denn der beim Einschlag aufgewirbelte Staub verteilt sich in der Atmosphäre und schirmt das Sonnenlicht ab, was zu einem sogenannten "Impakt-Winter" führt.
"Wir wollten herausfinden, ob ein Impakt und die dadurch verursachte Abkühlung eine Schneeball-Phase initiieren kann", sagte Köberl zur aktuellen Arbeit. Beim Chicxulub-Impakt sei das nicht möglich gewesen, weil der Asteroid während einer Warmzeit einschlug, als nicht einmal die Pole komplett vereist waren. Doch es habe in der Erdgeschichte auch deutlich kühlere Phasen gegeben, in denen ein Impakt-Winter zu einer vollständigen Vereisung geführt haben könnte.
Chicxulub-Ereignis wurde nachmodelliert
Um dies zu testen, haben die Forscher mit Hilfe eines Atmosphären-Ozean-Klimamodells die Auswirkungen eines Impakts, vergleichbar mit der Größe des Chicxulub-Ereignisses, für verschiedene Szenarien durchgerechnet. "Es zeigte sich, dass ein Impakt zu einer Schneeball-Phase führen kann, aber nur unter bestimmten klimatischen Bedingungen", so Köberl.
Voraussetzung sei, dass der Einschlag während einer relativ kühlen Phase passiert, einem Klima ähnlich etwa jenem während des Letzten Glazialen Maximums, dem Höhepunkt der jüngsten Eiszeit vor etwa 26.000 bis 19.000 Jahren, als große Teile Nordeuropas von Eis bedeckt waren. Dagegen würde ein Einschlag während einer Warmphase wie aktuell trotz eines Impakt-Winters nicht zu einer vollständigen Vereisung der Erde führen.
Das heißt nicht, dass ein Asteroiden-Einschlag tatsächlich ein physikalisch möglicher Auslöser einer Schneeball-Phase war. "Wir haben aber gezeigt, dass ein Impakt ein plausibler Mechanismus für die Auslösung einer Schneeball-Phase ist, wenn ein kaltes Hintergrundklima herrscht", so Köberl.
Service: t: http://dx.doi.org/10.1126/sciadv.adk5489)
(APA/red, Foto: APA/APA/Nasa/A9999 Nasa Goddard Space Flight Center)