Möchte man die aktuell sehr prominenten Themen Klimawandel und Künstliche Intelligenz (KI) im Bereich der Forschungsförderung mit einem gewissen Startvorteil gegenüber anderen wissenschaftlichen Themen ausstatten, bräuchte es eine klare "politische Entscheidung" und Extra-Mittel. Das betonten am Mittwoch die Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, Henrietta Egerth, und der Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, Christof Gattringer, vor Journalisten.
Eine fehlende KI-Strategie in Österreich und zu wenig Geld, um vielversprechende, hierzulande entwickelte KI-Systeme weiterzuentwickeln, bemängelte vor kurzem der KI-Pionier Sepp Hochreiter von der Universität Linz. Bei der im März erfolgten Zuerkennung der ersten hochdotierten, vom FWF geförderten "Clusters of Excellence" wurde der von Hochreiter forcierte Verbund "Bilaterale Künstliche Intelligenz" letztlich nicht berücksichtigt.
Ebenso für manche etwas überraschend scheiterte in der letzten Exzellenzcluster-Vergaberunde eine Initiative mit dem Titel "Klimawandel und Wege zur klimaneutralen Gesellschaft" unter Leitung der Universität Graz. Das sei jedoch nicht auf mangelnde Qualität der beiden Verbünde zurückzuführen, sondern darauf, dass mit den vorhandenen Mitteln - insgesamt 135 Mio. Euro fließen in den ersten fünf Jahren in die mit Abstand höchstgeförderten Forschungsvorhaben des Landes - nicht alle hoch bewerteten Cluster gefördert werden konnten, erklärte Gattringer.
Er plädierte nun dafür, dass die Initiatoren "ihre mühsam geschnürten Konsortien" möglichst zusammenhalten sollen, da die Zeichen in den Verhandlungen mit dem Bildungsministerium für die Finanzierung einer weiteren Runde der "Clusters of Excellence" gut stünden. Eine Verlängerung des Programmes werde sich höchstwahrscheinlich ausgehen, eine zweite Ausschreibung könnte im Herbst folgen, sei aber noch nicht ganz fix, so der FWF-Chef.
Klare politische Ansagen erforderlich
Die Idee, aufgrund der gesellschaftlichen Brisanz der Themen Klimawandel und KI diesen beiden Forschungsfeldern in der in den meisten Bereichen streng nach dem Exzellenzprinzip organisierten heimischen Forschungsförderung Vorrang einzuräumen, bewerteten Egerth und Gattringer zweischneidig. Um Themen aus dem vielfach themenoffenen Wettbewerb um die Mittel ein Stück weit herauszuheben, bräuchte es jedenfalls klare politische Ansagen - und zusätzliche Mittel. Schon jetzt könnte die auf die anwendungsorientierte Forschung spezialisierte FFG als sehr vielversprechend eingeschätzte Projekte in der Höhe von rund 200 Millionen Euro pro Jahr aus Budgetgründen nicht unterstützen. Beim auf die Grundlagenforschung fokussierten FWF trifft dies auf hoch bewertete Vorhaben in Höhe von jährlich rund 80 Mio. Euro zu.
Ein gewisser "Startvorteil" im verglichen mit vielen ähnlichen Staaten in Österreich besonders harten Wettbewerb um Drittmittel wurde zuletzt der Quantenforschung im Rahmen der 2021 gestarteten Forschungsoffensive "Quantum Austria" gewährt, so Gattringer. Insgesamt laufen bis 2016 107 Mio. Euro über FFG und FWF vergebene Mittel in den Bereich. Die Gelder kommen vom EU-Wiederaufbaufonds "NextGenerationEU". Dahinter stehe "ein politischer Wille, hier den Zug nicht verpassen" zu wollen.
Damit das im KI-Bereich möglichst vermieden wird, brauche es hierzulande 500 Millionen bis eine Milliarde Euro, sagte Hochreiter kürzlich zur APA. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass Künstliche Intelligenz vor allem eine "Methodik" ist, die in sehr vielen Projekten drinnen steckt, betonte Egerth. Über die vergangenen zwei Jahre habe man in der FFG rund 500 Mio. Euro in solche Vorhaben investiert. KI werde also "breit und umfangreich unterstützt". Ähnliches gelte für den Bereich Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit: Auch wenn es insgesamt mehr Geld in der Forschungsförderung bräuchte, gebe es "genug Möglichkeiten für gute Ideen".
Man müsse sich jedenfalls genau überlegen, ob es bei bestimmten Themen tatsächlich Sinn macht, von oben herab Schwerpunkte zu definieren und entsprechende Fördertöpfe zu schaffen. Starke Schwerpunkte brächten laut Egerth letztlich auch starke Einschränkungen in der Forschung mit sich. Einmal mehr plädierte Gattringer dafür, auf die Wichtigkeit der ergebnisoffenen Grundlagenforschung nicht zu vergessen. Das Beispiel des Physik-Nobelpreisträgers Anton Zeilinger zeige, wie über längere Zeiträume hinweg ein einst fast "esoterisch" anmutendes Forschungsgebiet zu "knallharten Anwendungen" führen kann, mit denen man nicht gerechnet hat.
Service: https://www.ffg.at; https://www.fwf.ac.at
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