Dem Entwurf für die Abschlusserklärung der Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) konnten Experten aus Österreich am Dienstag kaum Positives abgewinnen: Von einer "gewissen Enttäuschung" sprach IIASA-Forscher Reinhard Mechler. Für die ehemalige Leiterin des Sekretariats des UN-Weltklimarates (IPCC), Renate Christ, droht eine "absolute Enttäuschung". Zu erwarten sei eher eine noch veränderte Abschlusserklärung, es könne aber auch sein, dass etwa die EU die Verhandlung verlässt.
Wie erwartet wurde die COP28 am Dienstag verlängert - die Diskussionen um den Abschlusstext gehen also weiter. Im momentan vorliegenden Entwurf seitens der umstrittenen, weil der Öl- und Gaslobby nahestehenden COP-Präsidentschaft sehe es so aus, als würden sich nun ebenjene "fossilen Lobbys durchsetzen", hieß es im Rahmen eines vom Wissenschaftsnetz "Diskurs" organisierten Pressegesprächs. Für Christ braucht es an dem Text substanzielle Verbesserung, da dieser in seiner aktuellen Form das "fossile Zeitalter" fixieren würde.
Der große Knack- und Diskussionspunkt in den vergangenen beiden Wochen war die Formulierung rund um einen fairen (auf Englisch "fair"), schnellen ("fast"), vollständigen ("full"), finanziell klaren ("funded") und endgültigen ("forever") Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Mechler rechnet nun eher mit einem Herumformulieren um den eigentlich notwendigen kompletten Ausstiegspfad.
"Allerschwächste Formulierungen"
Klar sei, dass sich die Welt nicht auf dem Weg in Richtung der angestrebten Eindämmung der Klimaerhitzung befindet. Die aktuellen Zusagen würden - wenn rigoros umgesetzt - zu einer höchstwahrscheinlich katastrophalen Erwärmung von 2,8 Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Niveau führen, machte der Wissenschafter vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (NÖ) deutlich, der mit einer COP-Verlängerung von ein bis zwei Tagen rechnet.
Hinsichtlich der Ausstiegsszenarien enthalte der nunmehrige Text teils die "allerschwächsten Formulierungen", wenn es etwa heißt, dass man eine Verdreifachung beim Erneuerbaren-Ausbau schaffen oder die Energieeffizienz steigern könnte. Bei den fossilen Energieträgern spreche die Erklärung lediglich von einem "Herunterfahren", nicht von einem Ende, monierte Christ.
Dazu gebe es wieder eine Art Aufwärmen von altbackenen und ausausgegorenen Ideen zum Einlagern von CO2 unter der Erde (CCS) oder zur gezielten Veränderung der Umwelt (Geoengineering), um etwa mittels Ozeandüngung die Treibhausgasaufnahme in den Meeren anzukurbeln. Das sei alles wissenschaftlich höchst umstritten. Größere CCS-Anlagen seien zudem seit Jahrzehnten nicht in Sicht.
"Völlig unzureichenden Dokument"
Insgesamt habe man es hier mit einem "völlig unzureichenden Dokument" und einem "Sammelsurium von Dingen" zu tun, "die man nicht unterschreiben kann", so Christ in Richtung der "ambitionierteren Länder". Diese hätten aber ebenso ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn man sich etwa ansehe, dass Brasilien, Kanada oder auch Österreich neue Gasbohrprojekte vorantreiben. Vor diesem Hintergrund laufe man erneut Gefahr, sich im Verschieben von echten Maßnahmen in Verkehr, Landwirtschaft und Co. zu üben.
Dabei habe die COP28 mit einer durchaus auch "inszenierten" Einigung auf einen Fonds zum finanziellen Ausgleich von Schäden durch den Klimawandel ("Loss and Damage") eigentlich ambitioniert begonnen, so die beiden Beobachter. Für Christ war dies eine "vertrauensbildende Maßnahme". Die bisherige Dotation des Fonds mit rund 700 Millionen Dollar sei aber lediglich "Peanuts".
Als "in keinster Weise ausreichend", bezeichnete dies auch Mechler, der den Topf trotzdem als Erfolg für die Zivilgesellschaft und den globalen Süden wertet. Sein Fazit: Die Bereitschaft zu echten Aktionen, zumindest in Sachen Klimawandel-Anpassung, habe sich erhöht - selbst wenn hier weiter klare Ziele und Erfolgskriterien fehlen. Für einen echten Ausgleich von Klimawandel-Schäden bräuchte es laut Schätzungen aber eher hunderte Milliarden Euro.
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