Institutionen, die viele Menschen einbinden und mitentscheiden lassen, führen zu mehr Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Damit es den positiven Effekt gibt, müssen sowohl die wirtschaftlichen als auch die politischen Rahmenbedingungen inklusiv sein. Für ihre empirisch untermauerten Arbeiten zu diesem Mechanismus haben die in den USA tätigen Ökonomen Daron Acemoglu, Simon Johnson und James A. Robinson am Montag den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten.
Ein Ausgangspunkt ihrer Forschung war der Vergleich der Kolonialisierung ab dem 16. Jahrhundert in Afrika, Zentralamerika und den USA. Es zeigte sich, dass wohlhabende, dicht besiedelte Gebiete seit ihrer Kolonialisierung verarmt sind. Im Gegensatz dazu sind dünn besiedelte, ärmere Gebiete nach der Kolonialisierung reich geworden.
Der Unterschied komme daher, dass im ersten Fall die neuen Herrscher ihre Institutionen "extraktiv" aufbauten, also darauf auslegten, das vorhandene Vermögen auszubeuten - und dabei auch die vielen Menschen zu versklaven. Im zweiten Fall gab es hingegen "inklusive" Institutionen, die den wenigen Menschen mehr Freiheit und Mitbestimmung ermöglichten. Das habe zu Wohlstand geführt.
Manchmal sei auch in "extraktiven" Gesellschaften Wachstum möglich. Die Institutionen seien aber statisch und würden letztlich nur wenige begünstigen, ein nachhaltiges Wachstum sei nur mit inklusiven Institutionen möglich, sagen Acemoglu, Johnson und Robinson.
Kolonialisierung ein wichtiger Ausgangspunkt für die Forschungsarbeit
Die Kolonialisierung sei ein wichtiger Ausgangspunkt für die Forschungsarbeit, weil sie oft vorhandene Institutionen zerstörte und neue aufsetzte. Damit könne man die Entwicklung ab der Schaffung neuer Institutionen beobachten. Aufgrund des Beharrungsvermögens von Institutionen seien die Auswirkungen auch einige hundert Jahre danach noch wirksam - die damaligen Entscheidungen noch heute in Ungleichheiten spürbar.
Die Umkehr des Wohlstands zwischen damals armen und reichen Ländern ist dabei auch eng mit der Industrialisierung ab dem 18. Jahrhundert verbunden. Die damit einhergehenden technischen Innovationen konnten sich nur dort durchsetzen, wo die Institutionen der breiten Bevölkerung Mitsprache einräumten. Weder in Gebieten ohne Kolonialisierung noch in anderen Zeiten als der Industrialisierung war diese Umkehr des relativen Wohlstands nachweisbar.
Als Anschauungsobjekt diente den drei Forschern auch die Stadt Nogales, die zwischen Mexiko und den USA geteilt ist. Der heute in den USA liegende Norden ist wesentlich reicher als der in Mexiko liegende Süden - bei praktisch gleicher Bevölkerung und gleichem Klima. Der Unterschied liege in den Institutionen, die den Menschen im US-Teil mehr Chancen, mehr Auswahl bei Ausbildung und Job und politische Rechte gibt. Letztlich leiden die Menschen im mexikanischen Teil von Nogales noch heute darunter, dass die spanischen Kolonien in Mexiko andere Institutionen schufen als die von europäischen Siedlern geschaffenen Kolonien in der heutigen USA, heißt es in einer Erläuterung zur Nobelpreisvergabe.
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