Wie der Kunstdüngereinsatz die Wolkenbildung vermehrt

19. Mai 2022 - 11:41

Kunstdüngereinsatz in der Landwirtschaft verursacht Ammoniak-Emissionen. Großräumige Luftzirkulation bringt sie in die höhere Wetterschichten (obere Troposphäre). Dort beschleunigt Ammoniak die Wolkenbildung, fand ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung mit Klimakammerexperimenten und Modellrechnungen heraus. Das verlängert die Bewölkungsdauer und verändert Niederschlagswahrscheinlichkeiten, erklärte Paul Winkler von der Universität Wien der APA.

Blick in die CLOUD-Kammer am CERN bei Genf.
Blick in die CLOUD-Kammer am CERN bei Genf.

Zunächst glaubte man, dass Ammoniak beim Aufsteigen der Luftmassen "ausgewaschen" wird, heißt es in einer Aussendung der Universität Innsbruck zu der im Fachmagazin "Nature" erschienenen Arbeit: "Kürzlich wurden jedoch überraschend hohe Konzentrationen von Ammoniak in der oberen Troposphäre über der asiatischen Monsun-Region beobachtet." Die weiträumige Monsun-Luftzirkulation verfrachtet den Luftschadstoff demnach mehrere Kilometer hoch in die Atmosphäre.

Wetterexperimente in der CLOUD-Kammer

Ein Team um Neil Donahue von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh (USA) untersuchte, was Ammoniak dort bewirkt. "Mit Experimenten, die unter den Bedingungen der oberen Troposphäre in der CLOUD-Kammer am CERN (Anm.: Klimakammer an der Europäischen Organisation für Kernforschung bei Genf, Schweiz) durchgeführt wurden, konnten wir nun zeigen, dass dort Salpetersäure, Schwefelsäure und Ammoniak gemeinsam Partikel bilden", berichtet Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck: "Dies passiert mit einer Geschwindigkeit, die um Größenordnungen schneller ist, als wenn nur zwei der drei Komponenten miteinander reagieren."

Demnach beschleunigt Ammoniak die Bildung von Teilchen, die als "Kondensationskeime" fungieren. An ihnen kondensiert nämlich atmosphärischer Wasserdampf, und Wolkentröpfchen bilden sich. Wenn mehr Teilchen vorhanden sind, gibt es im Allgemeinen auch mehr Wolkentröpfchen, so Winkler von der Forschungsgruppe Aerosolphysik und Umweltphysik der Uni Wien: "Das bedeutet aber auch, dass sich der vorhandene Wasserdampf auf mehr Tröpfchen verteilen muss und somit die resultierende Tröpfchengröße kleiner bleibt." Dadurch würde die Lebensdauer der Wolke verlängert und es käme später zu Niederschlag.

Modellrechnungen hätten dasselbe Ergebnis gebracht: "Dass Ammoniak während des asiatischen Monsuns in großen Mengen in die obere Atmosphäre gelangt, dort mit Salpetersäure, die lokal durch Blitze entsteht, und Spuren von Schwefelsäure rasch zur Bildung dieser Partikel führt", berichtet Winkler: Dadurch entstehen bei den kühlen Temperaturen der oberen Troposphäre Eispartikel, die sich über die nördliche Hemisphäre (Erbhalbkugel) ausbreiten können. Auswirkungen auf die Niederschlagswahrscheinlichkeit seien deshalb zu erwarten. Konkrete Veränderungen etwa für Europa vorherzusagen sei aufgrund der "atmosphärischen Dynamik" schwierig. "Im Mittel wird sich dieser Effekt auf der nördlichen Hemisphäre schon auswirken", meint der Forscher.

Service: https://doi.org/10.1038/s41586-022-04605-4

(APA/red, Foto: APA/Cern)

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