Unis fordern durchdachte Reform der Lehrerausbildung

26. November 2022 - 5:05

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) hat wegen des zunehmenden Personalmangels angekündigt, die Ausbildung von Sekundarstufenlehrern (Mittelschule, AHS, BMHS) von sechs auf fünf Jahre zu kürzen. Das Masterangebot soll berufsbegleitend werden. Bei den Pädagogischen Hochschulen (PH) rennt er damit offene Türen ein. Die Unis, die mit den PHs für diese Ausbildung zuständig sind, zeigen sich zwar offen für Reformen. Diese müssten aber nachhaltig und realistisch umsetzbar sein.

Unis offen für kürzere Lehrerausbildung
Unis offen für kürzere Lehrerausbildung

Bei Änderungen müsse man auf jeden Fall das gesamte System berücksichtigen, in dem die angehenden Lehrerinnen und Lehrer sich bewegen, betonte Bernhard Fügenschuh, Vizerektor der Universität Innsbruck und Leiter des Forum Lehre in der Universitätenkonferenz (uniko). Das 2016 eingeführte aktuelle Modell der Sekundarlehrer-Ausbildung mit vier Jahren Bachelor- und zwei Jahren Masterausbildung sei durch den Lehrermangel mittlerweile "sehr arg in Bedrängnis gekommen", betonte er im Gespräch mit der APA. Schließlich kämen immer mehr Lehrerinnen und Lehrer über "Parallelformate" in die Schulen - etwa als Quereinsteiger oder als Studierende in teilweise frühen Phasen der Bachelor-Ausbildung. "Das führt dazu, dass man das 'Originalprodukt' gar nicht mehr wahrnimmt. In dem Sinne muss man auch über alles diskutieren dürfen, um eine gescheite und nachhaltige Lösung zu finden, die sowohl die bestmögliche Ausbildung gewährleistet, als auch den Bedarf an Lehrern deckt."

Offen für Verkürzung von sechs auf fünf Jahre

Wie Minister Polaschek oder PH-Rektorensprecher Walter Vogel kann sich auch Fügenschuh vorstellen, dass eine Verkürzung der Ausbildung von sechs auf fünf Jahre nicht zwingend einen Qualitätsverlust bedeuten würde. Vor der Umstellung auf die "PädagogInnenbildung Neu" hatte die an den PHs angesiedelte Mittelschullehrer-Ausbildung drei Jahre gedauert, jene der AHS- und BMHS-Lehrer an den Unis 4,5 Jahre. "Quantität im Sinne von längerer Dauer ist noch nicht per se Qualität, noch viel weniger, wenn das längere Angebot real kaum gelebt wird", betonte Fügenschuh. Deshalb fände er eine Diskussion über die Dauer durchaus sinnvoll - wenn sie ergebnisoffen geführt werde. Von der uniko gibt es noch keinen gemeinsamen Vorschlag dazu, wie der Innsbrucker Vizerektor betont.

Auch Fügenschuh selbst will noch keine Präferenz nennen, man müsse aber angesichts des zunehmenden Personalmangels in allen Bereichen der Gesellschaft die Konkurrenzfähigkeit mitdenken. "Nüchtern betrachtet ist es kein Startvorteil für diese Ausbildung, schon mit einem Jahr länger ins Rennen zu gehen." Am Schluss müsse es um die bestmögliche Ausbildung in einem studierbaren Zeitumfang gehen. "Und es wäre zu banal zu sagen: Je länger die Ausbildung ist, umso besser ist sie. Es kann auch in kürzerer Zeit das Richtige gemacht werden."

Skepsis bei berufsbegleitendem Master

Etwas skeptischer ist Fügenschuh beim Plan des Ministers, die Masterausbildung künftig berufsbegleitend anzubieten. Dabei sei nämlich entscheidend, dass die Junglehrer auch wirklich noch Kapazitäten haben für das Studium. Viele Junglehrer mit Bachelorabschluss stünden aber schon sehr viele Stunden im Klassenzimmer. "Wir müssen ein System auf den Weg bringen, das das Masterstudium auch tatsächlich leistbar macht, und zwar in einer brauchbaren Zeit." Wenn sich dieses über Jahre hinziehe, sei das "nicht systemisch gedacht". Wichtig sei auch die Frage, wie man bei den berufsbegleitenden Ausbildungsangeboten damit umgehe, dass viele Schulen sich an Orten ohne Lehrerausbildungseinrichtungen befinden. Er hätte keine große Freude damit, wenn die Master-Ausbildung automatisch virtuell stattfinde, so Fügenschuh.

"Einigermaßen überraschend" war für ihn der Zeitpunkt von Polascheks Vorschlag für eine Verkürzung der Sekundarstufenlehrer-Ausbildung, immerhin hatte dieser noch Anfang September für die Sekundarstufe nicht einmal Bedarf für eine Umstellung des Bachelor-Studiums von vier auf drei Jahre gesehen. Er hätte sich eine offene Diskussion in den Expertenrunden statt über die Medien gewünscht.

(APA/red, Foto: APA/APA/THEMENBILD/HEIKO WOLFRAUM)

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