Uni Graz kriminell: Neuer Standort für historisches Kriminalmuseum

19. Juni 2018 - 15:23

Betrug, Raub, Totschlag, Mord: Der Grazer Untersuchungsrichter Hans Gross (1847 - 1915) war überzeugt, dass bei der Verbrechensklärung neben Zeugen auch Dinge als Beweise heranzuziehen sind. An der Wende zum 20. Jahrhundert hat er Corpora Delicti und Objekte gesammelt, die angehenden Juristen als Lehrmaterial dienen sollten. Die Uni Graz präsentiert die Sammlung in neuem Glanz.

(v.l.n.r.) Bachhiesl, Scherrer, Reisinger mit der Büste von Hans Gross
(v.l.n.r.) Bachhiesl, Scherrer, Reisinger mit der Büste von Hans Gross

Wer sich mit der Kriminalistik und ihrer Geschichte befasst, stößt unweigerlich auf Hans Gross. Der Grazer Jurist, der im Jahr 1912 an der Universität seiner Heimatstadt das weltweit erste "Kriminalistische Institut" gegründet hat, zählt zu den "Gründervätern" der Kriminologie. Schon 1893 hatte er mit dem "Handbuch für Untersuchungsrichter" das erste kriminologische Lehrbuch überhaupt verfasst. Im Jahr 1905 wurde er an der Universität Graz zum Professor für Strafrecht berufen.

1896 gründete der Untersuchungsrichter seine Sammlung aus "Corpora Delicti" am Landesgericht für Strafsachen" in Graz, schilderte Kurator Christian Bachhiesl beim Rundgang durch das nunmehr neu eingerichtete Museum unweit des Uni-Hauptgebäudes. Diese Lehrmittelsammlung ermöglichte Studenten, Juristen und Kriminalbeamten eine anschauliche Ausbildung.

Tatortkoffer im Mittelpunkt

Neben Hieb-, Stich- und Schusswaffen, Projektilen, Giftstoffen und Gipsabdrücken waren und sind in der Sammlung u.a. tierische und menschliche Präparate wie zertrümmerte Knochen zu sehen. Möglich wurde das, weil zu Gross' Amtszeit ein Erlass dafür sorgte, dass alle Gerichte der Habsburger-Monarchie interessante Materialien nach Graz zu übersenden hatten. Heute gibt die abgeschlossene historische Sammlung Auskunft zur Entwicklung der Kriminaltechnik und Verbrechensaufklärung, zur Technikgeschichte, aber auch die Mentalitätsgeschichte spiegle sich darin wieder, wie der Kurator hervorhob.

Das wohl hervorstechendste und bekannteste Objekt ist der sogenannte Tatortkoffer. Der von Gross entwickelte Koffer umfasst alle wesentlichen Hilfen, damit der Weg im polizeilichen Ermittlungsverfahren so leicht wie möglich von der Tat zum Täter führt. Noch heute steht er im Mittelpunkt der Ausstellung, die nun am neuen Standort in der Grazer Heinrichstraße eröffnet wurde. Der alte Standort im Keller der Uni am Universitätsplatz musste vor vier Jahren geschlossen werden, weil Feuchtigkeit und Schimmelbefall der Objekte eine Restaurierung und Verlagerung der Objekte notwendig gemacht hatten.

Strümpfe, falls es regnet

Zu den rund 100 Utensilien im Koffer gehören neben einem Zirkel, um kleine Gegenstände messen zu können, einem Maßstab, Siegellack und einer kleinen Bürste auch ein Paar Strümpfe: für den Fall, dass es während der Untersuchung zu regnen beginnt und die Füße des Ermittlers nass werden.

Von Gross' Nachfolgern wurden in Graz noch über mehr als ein halbes Jahrhundert auch Fotografien und Objekte als Schulungsmaterial gesammelt. Heute umfasst die Sammlung rund 2.000 Objekte und sie ist auch digital abrufbar, wie Museumsleiter Nikolaus Reisinger schilderte. Der Bogen der nunmehr in zwei Räumen auf rund 50 Quadratmetern präsentierten Objekte reicht von Brandrelikten über Waffen und zu Leichenbehältnissen umfunktionierte Säulenstümpfe, Schilderungen und Fotos von Leichenverstecken, gefälschten Dokumenten und manipulierten Würfeln, bis hin zu als Gehstock getarnten Waffen und den dazugehörenden Strafakten. "Die Sammlung umfasst das Zehnfache von dem was wir herzeigen können", so Kurator Bachhiesl.

Service: "Hans-Gross-Kriminalmuseum an der Universität Graz", Heinrichstraße 18, 1 OG, https://kriminalmuseum.uni-graz.at

(APA/red, Foto: APA/APA/UNI GRAZ/HELMUT LUNGHAMMER)

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