Thomas Henzinger blickt zum 60er auf "spektakuläres" ISTA-Jahr zurück

2. Dezember 2022 - 8:59

Er sei mit Herz und Seele Professor, nichts sei aufregender als Neues zu entdecken, sagte Thomas Henzinger, als er zum ersten Präsidenten des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) bestellt wurde. In den vergangenen 14 Jahren hat der Informatiker zwar weiter geforscht, aber wohl mehr Zeit in den Aufbau des Instituts gesteckt. Am 8. Dezember wird Henzinger 60, übergibt mit Jahreswechsel den ISTA-Chefsessel an Martin Hetzer und widmet sich wieder ganz der Forschung.

Henzinger: "Das hätte ich mir nie träumen lassen!"
Henzinger: "Das hätte ich mir nie träumen lassen!"

Henzinger Forschungsarbeit ist geprägt von Theorien, Algorithmen und Werkzeugen zur Prüfung von Computerprogrammen. Sein Ziel ist es, die Zuverlässigkeit von Soft- und Hardwaresystemen zu verbessern. Er hat sich aber auch auf Gebieten wie der Spieltheorie und der Systembiologie einen Namen gemacht und maßgeblich den Begriff "Executable Biology" geprägt - ein Ansatz, bei dem biologische Phänomene, etwa die Interaktion von Molekülen oder Zellen, mathematisch beschrieben und dadurch modelliert werden können.

Nach mehr als 20 Jahren akademischer Karriere im Ausland kehrte der am 8. Dezember 1962 in Linz geborene Informatiker 2009 nach Österreich zurück, um die Führung des neugegründeten ISTA in Klosterneuburg (NÖ) zu übernehmen. Sein Programm war von Anfang an ambitioniert: Er wolle, dass die Welt Österreich um das Institut beneide, sagte er im Antrittsinterview zur APA, langfristig solle das ISTA das für Österreich werden, was das Weizmann-Institut für Israel oder die Eidgenössischen Technischen Hochschulen für die Schweiz seien.

Zum zehnjährigen Bestehen des Instituts meinte Henzinger, dass das Modell ISTA funktioniere, "wahrscheinlich besser als es irgendjemand erwarten konnte". Als Beleg dafür nennt er etwa die Förderpreise des Europäischen Forschungsrats ERC ("ERC-Grants"), die als Maßstab für internationale Spitzenforschung gelten, und bei denen das ISTA in mehreren Kategorien immer führend in Europa sei.

12 ERC-Grants und 30 Mio. Euro durch Fundraising

Nun blickt er im APA-Gespräch auf ein "spektakuläres letztes Jahr für mich" zurück, "das ich mir nie hätte träumen lassen: Heuer war mit zwölf neuen ERC-Grants unser erfolgreichstes Jahr, jetzt haben bereits drei Viertel unserer Professoren einen ERC-Grant". Zudem sei es gelungen, im Fundraising in diesem Jahr 30 Mio. Euro einzuwerben, verweist er auf eine heuer gestartete Fundraisingkampagne, mit der man in fünf Jahren 100 Mio. Euro Spenden sammeln will. "Wie ich gekommen bin, hatte unsere Stiftung sieben Mio. Euro, jetzt haben wir über 50 Mio. Euro - das ist eine Verachtfachung. Das sind schon objektive Faktoren des Erfolgs", so Henzinger.

Mit solchen Erfolgen konnte er, auch wenn er oft alles andere als extrovertiert erscheint, offensichtlich überzeugen - sowohl das Aufsichtsgremium des ISTA, das seinen Vertrag drei Mal verlängerte, als auch die Politik, die zwei Mal langfristige Finanzierungen für das ISTA vereinbarte. Zuletzt war das 2021 der Fall, mit dem Beschluss, dem Institut bis 2036 maximal 3,28 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen - 75 Prozent davon vom Bund, 25 Prozent vom Land NÖ. Die Zahl der Forschungsgruppen soll bis dahin auf rund 150 mehr als verdoppelt werden.

Unübliche Berufungspolitik

Ebenso unüblich wie diese Finanzierungsformen ist die Berufungspolitik, die Henzinger verfolgt, und die er als eine der Säulen des Erfolgs sieht: Gesucht werden nur die besten Köpfe, gleich aus welchem Fachgebiet sie kommen. Auf diese Weise wuchsen die thematischen Schwerpunkte des ISTA. Einer davon sind die - eng mit Henzinger verbundenen - Computerwissenschaften, der neben der Präsidentschaft seine wissenschaftliche Arbeit auf hohem Niveau fortführen konnte. Das zeigen etwa wissenschaftliche Förderpreise wie der Wittgensteinpreis (2012) oder "Advanced Grants" des ERC (2010 und 2021).

Diesen Zug zur Exzellenz hat Henzinger schon früh gezeigt: Bereits das Studium der Informatik an der Universität Linz schloss er mit Auszeichnung ab und absolvierte einen Master-Studiengang in Computer- und Informationswissenschaften an der University of Delaware in Newark (USA). Er wurde 1991 an der Stanford University promoviert. In der Folge lehrte und forschte er einige Jahre an der Cornell University in Ithaca, bevor er 1996 an die University of Berkeley wechselte. 1999 war er für ein Jahr Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken. Im Jahr 2004 verließ er die USA und ging als Professor für Computer- und Kommunikationswissenschaften an die ETH Lausanne (EPFL).

Der Wissenschafter ist Mitglied der österreichischen und der europäischen Akademie der Wissenschaften, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der US National Academy of Sciences und der American Academy of Arts and Sciences. Er ist Fellow der Association for Computing Machinery (ACM), der größten und wichtigsten internationalen wissenschaftlichen Vereinigung auf dem Gebiet der Informatik, sowie des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE). Kürzlich erhielt er das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse.

Die Passion für sein Forschungsgebiet teilt Henzinger übrigens mit seiner aus Deutschland stammenden Ehefrau: Die Informatikerin Monika Henzinger hat eine mindestens ebenso steile wissenschaftliche Karriere gemacht wie ihr Mann, mit dem sie drei Kinder hat. Sie war Forschungschefin bei Google, Professorin an der EPFL in Lausanne und wurde 2009 Professorin an der Uni Wien. Ab März kommenden Jahres wechselt sie dann als Professorin an der IST Austria. Dort wird sie zumindest in der ersten Zeit nicht oft ihren Mann treffen - der nimmt ein Sabbatical in der Schweiz, in Australien und an der Stanford University.

Service: https://ist.ac.at/

(APA/red, Foto: APA/HANS PUNZ)

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