T-Zellen erkennen Eindringlinge anhand von Zerreißprobe

5. Mai 2021 - 9:59

T-Zellen können mit Rezeptoren Strukturen (Antigen) erkennen, die auf Krankheitserreger oder Krebszellen hindeuten, und dann eine Immunreaktion auslösen. Was dabei auf molekularer Ebene abläuft ist nach wie vor unvollständig geklärt. Wiener Forscher berichten nun im Fachjournal "Nature Communications", dass die Rezeptoren nach dem Andocken an ein Antigen mit einer Zerreißprobe herausfinden, ob es sich tatsächlich um den Eindringling handelt, auf den sie spezialisiert sind.

Die T-Zelle (gelb) gerät in Kontakt mit der Antigen-präsentierenden Zelle (blau). Winzige Zugkräfte treten an der Oberfläche auf, irgendwann löst sich die Bindung, daran erkennt die T-Zelle, ob es sich um das gesuchte Antigen handelt.
Die T-Zelle (gelb) gerät in Kontakt mit der Antigen-präsentierenden Zelle (blau). Winzige Zugkräfte treten an der Oberfläche auf, irgendwann löst sich die Bindung, daran erkennt die T-Zelle, ob es sich um das gesuchte Antigen handelt.

Ein Forscherteam der Technischen Universität (TU) Wien und der Medizinischen Universität Wien hat in dem Projekt untersucht, welche mechanischen Prozesse bei der Erkennung eines Antigens ablaufen. "Jede T-Zelle kann ein bestimmtes Antigen besonders gut erkennen. Dafür hat sie an ihrer Oberfläche rund 100.000 gleichartige T-Zell-Rezeptoren", erklärte Johannes Huppa vom Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie der MedUni in einer Aussendung.

Schlüssel-Schloss-Prinzip

Bei einer Virusinfektion etwa präsentieren infizierte Zellen verschiedene Bruchstücke von viralen Proteinen an ihrer Oberfläche und T-Zellen prüfen nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, ob diese Antigene auf ihre Rezeptoren passen. Dabei muss der Körper für jedes Antigen T-Zellen mit passenden Rezeptoren produzieren. "Vereinfacht gesagt erkennt jede T-Zelle nur ein bestimmtes Antigen, um dann in der Folge eine Immunreaktion zu veranlassen", so Huppa.

Die T-Zelle kontrolliert dabei, ob das jeweilige Antigen tatsächlich zu ihrem Rezeptor passt. Dazu überprüft sie, wie stabil die Bindung zwischen den beiden Strukturen ist. T-Zellen sind nicht statisch, ihre Zellmembran ist in ständiger Bewegung. Wenn nun ein Rezeptor an ein Antigen bindet, übt die Zelle eine stetig wachsende Zugkraft aus, bis die Bindung schließlich reißt. Das kann den Forschern zufolge Information darüber liefern, ob es sich um das gesuchte Antigen handelt.

Messung auf ebene einzelner Moleküle

Dem Forscherteam um Janett Göhring, Florian Kellner und Lukas Schrangl von der MedUni Wien und der TU Wien ist es gelungen, diesen Prozess auf der Ebene einzelner Moleküle zu messen. Sie verwendeten dazu ein spezielles Protein, das sich ähnlich einer Nano-Feder verhält, und konnten über dessen Längenänderung Auskunft über die auftretenden Kräfte erhalten.

Demnach zieht der Rezeptor mit der winzigen Kraft von etwa fünf Piko-Newton (0,000000000005 Newton) an dem Antigen, bis sie sich trennen. Mit dieser Zerreißprobe erhält die T-Zelle Informationen, ob es sich tatsächlich um das gesuchte Antigen handelt. Noch sei man in gutes Stück davon entfernt, das Verhalten der T-Zellen auf molekularer Ebene zu verstehen, betonen die Forscher. Für sie ist es aber eine wertvolle Erkenntnis, dass nicht nur chemische, sondern auch mechanische Effekte dabei eine Rolle spielen.

Service: https://doi.org/10.1038/s41467-021-22775-z

(APA/red, Foto: APA/TU WIen)

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