Studienbeihilfe wird erhöht und reformiert

26. April 2022 - 11:05

Die Studienbeihilfe wird ab September um 8,5 bis zwölf Prozent erhöht. Das kündigte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Dienstag an. Außerdem wird die Altersgrenze für den Bezug um drei Jahre auf 33 bzw. 38 Jahre erhöht und die Berechnungsweise reformiert. Erleichterungen gibt es für Berufstätige ("Selbsterhalter"), außerdem steigen die Einkommensgrenzen für den Bezug und die Studienförderung wird von der Familienbeihilfe entkoppelt.

Insgesamt beziehen etwa 46.400 Studierende eine Beihilfe
Insgesamt beziehen etwa 46.400 Studierende eine Beihilfe

Diese Meldung wurde aktualisiert. Neu: SPÖ und NEOS (letzter Absatz)

Die Höchstbeihilfe liegt künftig bei 923 Euro pro Monat und damit etwas niedriger als die Mindestsicherung (978 Euro). Studierende dürfen aber vergleichsweise mehr dazuverdienen, ohne eine Kürzung der Förderung zu riskieren (15.000 Euro/Jahr).

Einfacher soll die Berechnung der Beihilfe werden. Bisher wurde dafür von einer fiktiven Höchstbeihilfe ausgegangen, von der je nach Vorliegen bestimmter Umstände Geld abgezogen wurde. Künftig wird von einem Grundbetrag von 335 Euro ausgegangen, zu dem bestimmte Zuschläge dazugerechnet werden.

Kriterien bleiben gleich

Die jeweiligen Kriterien ändern sich nicht (z.B. eigener Wohnsitz, höherer Beitrag für Studierende ab 24 bzw. 27, Zuschlag für Kinder). Unverändert bleiben auch die Anspruchsvoraussetzungen wie soziale Förderungswürdigkeit (abgesehen von der höheren Einkommensgrenze), Studienerfolg (Erbringung einer bestimmten Studienleistung, maximal zwei Studienwechsel) und maximale Studiendauer (Regelstudienzeit plus ein Semester).

Zuletzt war die Höchststudienbeihilfe 2017 nach zehn Jahren Pause um 18 Prozent erhöht worden. Derzeit beträgt die durchschnittliche Studienförderung 510 Euro im Monat, insgesamt beziehen etwa 46.400 Studierende eine Beihilfe. 2021 wurden für die Studienförderung 281 Mio. Euro aufgewendet, für heuer steigt dieser Betrag durch die Reform um 22 Mio. Euro, für 2023 um 68 Mio. Euro.

"Gemeinsamer Kraftakt"

Polaschek sprach von einem "gemeinsamen Kraftakt" der Regierungsparteien und verwies auf weitere bereits in Kraft befindliche Verbesserungen für Studierende wie etwa die Erhöhung der Zuverdienstgrenze 2020 und den Corona-Bonus für Beihilfenbezieher.

Grünen-Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger bezeichnete die Reform als größte Maßnahme im Bereich der Studienförderung der vergangenen 30 Jahre. Besonders wichtig waren für sie die Maßnahmen für die Selbsterhalterinnen und Selbsterhalter (Personen, die sich vor Studienbeginn schon längere Zeit durch eigene Berufstätigkeit "selbst erhalten" haben, Anm.). In der Pandemie habe man viele Anfragen von Personen bekommen, die gerne noch einmal ein Studium beginnen wollten, weil sie ihren Job verloren haben oder sich neu orientieren wollten. Diese würden vor allem in Bereiche wie Pflege oder IT streben, die am Arbeitsmarkt gebraucht werden.

Inflation wird nicht ganz abgedeckt

Die Erhöhung deckt die seit der letzten Erhöhung im September 2017 entstandene Teuerung nicht ganz ab. Die Inflation stieg seit damals um rund 13 Prozent und wird bis September noch weiter anwachsen.

Am stärksten von der Erhöhung profitieren Studierende unter 24 Jahren (plus zwölf Prozent). Studierende über 24 Jahre bzw. Selbsterhalter unter 27 Jahren kommen auf ein Plus von 8,5 Prozent.

Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) bezeichnete die Maßnahmen in einer Aussendung als "Schritt in die richtige Richtung" - für die Bekämpfung von Studierendenarmut sei dies aber zu wenig. "Ja, die Höhe der Beihilfe ist angehoben worden", so ÖH-Vorsitzende Keya Baier. "Aber zum Leben reicht es einfach trotzdem bei weitem nicht aus. Zusätzlich wurde auf unsere Forderung, eine automatische Valorisierung in dem Gesetz zu verankern, nicht eingegangen."

Für SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl ist die Erhöhung nur ein "Tropfen auf dem heißen Stein". Damit werde weder die aktuelle Teuerung abgegolten noch die künftige. Ihr NEOS-Pendant Martina Künsberg Sarre begrüßte zwar die Novellierung der Studienförderung, hätte sich aber im Vorfeld Gespräche dazu gewünscht. Die Änderungen müsse man sich noch im Detail ansehen.

Stichwort: Studienbeihilfe

Die Studienbeihilfe ist das wichtigste Instrument zur Studienförderung und soll Studierende unterstützen, wenn sie selbst bzw. ihre Eltern nicht in der Lage sind, die mit einem Studium verbundenen Kosten zu tragen. Anspruchsvoraussetzungen sind soziale Förderungswürdigkeit aufgrund Einkommen und Familienstand, ein bestimmter Studienerfolg (Erbringung einer Mindeststudienleistung, maximal zwei Studienwechsel) sowie eine bestimmte Studiendauer (Regelzeit plus ein Semester).

Künftig wird neben einer Erhöhung der Beihilfen und der Einkommensgrenzen auch das System der Beihilfenberechnung reformiert, ohne die bisherigen Kriterien dafür zu ändern. Bisher wurden von einer fiktiven Höchstbeihilfe bestimmte Abschläge je nach Lebensumständen der Studierenden vorgenommen. Künftig soll die Berechnung umgekehrt funktionieren und nach einem "Baukastensystem" bestimmte Zuschläge dazukommen.

Ausgangsbasis für die monatliche Beihilfe ist dann ein Grundbetrag von 335 Euro. Dazu kommen dann noch für Studierende unter 24 Jahren de facto die Familienbeihilfe (165 Euro) und der Kinderabsetzbetrag (58 Euro), die aber nicht Teil der Studienförderung sind. Für Studierende ab 24 Jahren gibt es einen Ersatz dieser Unterstützungsleistung in Höhe von 240 Euro im Rahmen der Studienförderung. Studierende ab 27 Jahren bekommen noch einmal 30 Euro extra. Dazu kommt noch ein Wohnkostenbeitrag von 250 Euro für "auswärtige" Studierende - also wenn sich Studenten einen Wohnsitz am Studienort nehmen müssen, weil ihre Eltern zu weit entfernt wohnen oder eine eigene Wohnung aufgrund anderer Lebensumstände "gerechtfertigt" ist (z.B. verheiratete Studierende, Studierende mit Kindern). Einen weiteren Zuschlag von 120 Euro gibt es pro Kind.

Von der aus Grundbetrag und möglichen Zuschlägen errechneten Gesamtsumme werden dann der zumutbare Elternunterhalt sowie andere Ausbildungsförderungen abgezogen. Anschließend wird dieser Betrag mit zwölf multipliziert (Jahresbetrag) und um acht Prozent erhöht. Zum Abschluss ergibt dann eine erneute Teilung durch zwölf den monatlichen Auszahlungsbetrag.

Nicht diesem System werden die sogenannten "Selbsterhalter" unterliegen - also jene Personen, die sich vor Studienbeginn schon längere Zeit durch eigene Berufstätigkeit "selbst erhalten" haben. Sie erhalten stattdessen altersabhängige Fixbeträge.

Die künftigen Änderungen betreffen etwa die Einkommensgrenzen bei den Eltern. Durch deren Anhebung um knapp zehn Prozent wird weniger abgezogen, wodurch einerseits mehr Studierende Anspruch auf Beihilfe haben und andererseits die Auszahlungshöhe steigt.

Außerdem wird die Altersgrenze für den Bezug um drei Jahre angehoben. Bisher musste ein Studium bis zur Vollendung des 30. Lebensjahrs begonnen werden, durch bestimmte Umstände wie etwa eigene Kinder konnte diese Grenze bis auf 35 Jahre ansteigen. Künftig liegen die Grenzen bei 33 bzw. 38 Jahren. Selbsterhalter können künftig auch dann ein Stipendium bekommen, wenn sie in der Vergangenheit schon einmal Studienförderung bezogen haben.

Weitere Änderungen: Der Zuschuss für Kinderbetreuung kann bereits ab dem dritten Semester bezogen werden und nicht erst in der Studienabschlussphase. Explizit geregelt wird auch die Gleichstellung von Drittstaatsangehörigen - sie haben Anspruch auf die Beihilfe, wenn sie ein Daueraufenthaltsrecht in der EU haben oder Familienangehörige von Österreichern oder EU-Wanderarbeitnehmern sind.

(APA/red, Foto: APA/APA/GEORG HOCHMUTH)

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