E-Zigaretten werden oft als gesündere "Alternative" zum Rauchen ins Treffen geführt. Ob dem tatsächlich so ist, ziehen Studien auch immer wieder in Zweifel. In einer aktuellen Untersuchung konnten Innsbrucker Forschende nun Hinweise liefern, dass das Rauchen von E-Zigaretten mit ähnlichen, mit Krebs assoziierten Veränderungen an Zellen verbunden ist wie das Rauchen von Zigaretten. Ihre Ergebnisse erschienen im Journal "Cancer Research".
In Zusammenarbeit mit einem internationalen Team haben Chiara Herzog und Martin Widschwendter, beide vom Forschungsinstitut EUTOPS der Universität Innsbruck, die molekularen Auswirkungen von Tabak und E-Zigaretten auf das sogenannte Epigenom, also das Zellprogramm verschiedener Zellen analysiert. Dabei können durch Umweltfaktoren ausgelöste chemische Markierungen und Modifikationen an der DNA beeinflussen, wie Gene ausgelesen werden - mit Auswirkungen auf die Zellentwicklung bis hin zur Entstehung von Krebs.
Das Epigenom, vorstellbar als "eine Schicht aus Informationen", die die DNA überlagert, könne sich im Laufe des Lebens durch eine Vielzahl genetischer und nicht-genetischer Faktoren, z.B. Alterung oder Lebensweise, verändern, hieß es in einer Aussendung. So kann sich etwa das Rauchen bzw. der Tabakkonsum auf die sogenannte DNA-Methylierung, als zentraler Anzeiger für epigenetische Veränderungen, auswirken.
Das Team um Herzog und Widschwendter suchte in mehr als 5.300 Proben von rund 4.000 Personen - u.a. in Blutproben, Mundabstrichen sowie Proben aus dem Gebärmutterhalsbereich von Frauen - nach Hinweisen, wie sich das Rauchen von Zigaretten und E-Zigaretten, bei denen der Tabak nicht verbrennt, sondern verdampft, auf verschiedene Zellen auswirkte: nämlich auf Zellen, die dem Tabak direkt ausgesetzt sind (z.B. aus der Mundhöhle) und auf Zellen, die dem Tabak indirekt ausgesetzt sind (z.B. Gebärmutterhalszellen oder Zellen im Blut).
Biologischer Effekt via Epigenom gemessen
"Im Rauch enthalten sind eine Vielzahl von Toxinen. Allerdings sagt uns die Liste der Inhaltsstoffe alleine nicht, welche biologischen Effekte diese Toxine auf verschiedene Zellen haben", erläuterte Widschwendter gegenüber der APA: "Die Messung des biologischen Effektes ist uns über das Epigenom gelungen. Unsere Auswertung deutet darauf hin, dass Rauchen das Zellprogramm in verschiedenen Zellen verändert - allerdings beobachten wir ähnliche Veränderungen auch durch den Konsum von E-Zigaretten oder rauchfreiem oralem Tabak wie Snus", erklärte Erstautorin Herzog.
Außerdem blieben die epigenetischen Veränderungen "in vielen Zellen jahrelang stabil". Aus ihnen konnten die Forschenden damit die "Rauchgeschichte" der Personen ableiten: Bei Proben der Mundschleimhaut gelang es, mit einer Genauigkeit von über 90 Prozent abzulesen, ob eine Person raucht, früher geraucht hat oder eben niemals geraucht hat. Anhand der sogenannten Epithelzellen im Mund konnte auch ähnlich genau festgestellt werden, ob eine Person E-Zigaretten oder Oraltabak konsumiert. Tabakprodukte verursachen in dieser Art von Zellen, die Ursprungszellen für Krebs in der Lunge oder anderen Organen ähnlich sind, ein "pro-karzinogenes Epigenom" - sie weisen also ähnliche Veränderungen auf wie Krebszellen, hieß es. Und dieses Phänomen trat auch bei den Epithelzellen im Mund jener auf, die E-Zigarette oder Oraltabak konsumierten. "Selbst wenn Konsumenten und Konsumentinnen von E-Zigaretten vorher kaum Zigaretten geraucht haben, beobachten wir in ihnen sehr ähnliche Veränderungen", sagte Widschwendter, der Leiter des EUTOPS - European Translational Oncology Prevention and Screening Institute.
Mit der Studie, die laut den Forschenden erstmals die epigenetischen Auswirkungen des Rauchens und des Konsums von E-Zigaretten auf verschiedene Körperzellen untersucht habe, ergeben sich "genügend Hinweise, dass man zumindest zur Vorsicht mahnen muss, wenn man E-Zigaretten konsumiert bzw. diese zur Rauchentwöhnung nutzt", so Widschwendter: "Zumindest auf epigenetischer Ebene lösen E-Zigaretten in Zellen der Mundschleimhaut ähnliche Veränderungen wie normale Zigaretten aus, und diese Veränderungen sind ähnlich wie jene, die wir in verschiedenen Organen während der Krebsentwicklung beobachten."
Um es genau zu wissen, seien allerdings Langzeitstudien notwendig: "Es braucht mehrere Jahrzehnte, bis ein tabakassoziiertes Karzinom entsteht. E-Zigaretten sind erst seit ihrer Zulassung in den USA im Jahr 2007 mit einer gewissen Breite in Anwendung. Bis wir also ein vergleichbares onkologisches Krankheitsbild wie beim Rauchen von Zigaretten beobachten könnten, vergehen 20 bis 30 Jahre", meinte der Arzt und Forscher.
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