Sternexplosionen ließen Lokale Blase rund um Sonne entstehen

12. Januar 2022 - 17:05

Seit Jahrzehnten weiß man, dass die Sonne in einem rund 1.000 Lichtjahre großen, staubfreien Hohlraum liegt. Astronomen der Uni Wien haben nun mit einem internationalen Team im Fachjournal "Nature" die Evolutionsgeschichte unserer galaktischen Nachbarschaft rekonstruiert und gezeigt, wie eine Kette von Sternexplosionen ("Supernovae"), die vor 14 Mio. Jahren begann, zur Entstehung dieser sogenannten "Lokale Blase" geführt hat. Durch Zufall liegt die Sonne in deren Zentrum.

Künstlerische Darstellung der Lokalen Blase
Künstlerische Darstellung der Lokalen Blase

Die Wissenschafter um Catherine Zucker vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (USA) haben mit Hilfe von neuen Daten des Weltraumteleskops "Gaia" der Europäischen Weltraumorganisation ESA, das die Distanzen und Eigenbewegungen von Milliarden von Sternen vermisst, die jüngere Geschichte und Struktur der Milchstraße mit viel größerer Genauigkeit als bisher rekonstruiert. Ergebnis ist eine vollständige 3D-Visualisierung der Lokalen Blase. Diese ist mit einem heißen Gas niedriger Dichte gefüllt, umgeben von einer Hülle aus kaltem, neutralem Gas. An diesen Rändern wurden und werden alle neuen, jungen Sterne in unserer galaktischen Umgebung gebildet.

Lokale Blase durch 15 Supernovae hervorgerufen

Die Geschichte der Lokalen Blase beginnt vor etwa 14 Millionen Jahren als über einen Zeitraum von einigen Millionen Jahren rund 15 sogenannte Supernovae stattfanden. Bei diesen kosmischen Ereignissen explodieren sehr massereiche Sterne am Ende ihrer Lebenszeit. "Die jüngste dieser Sternexplosionen fand vor etwa zwei Millionen Jahren statt", erklärte João Alves vom Institut für Astrophysik der Universität Wien gegenüber der APA. Zeugnisse dieser Explosion in Form des ausgefallenen Isotops Eisen-60 haben österreichische Physiker 2020 in Sedimentproben aus der Tiefsee entdeckt.

Durch die gewaltigen Sternexplosionen wurde das umliegende interstellare Gas nach außen geschoben und die Lokale Blase entstand. An deren Rändern verdichtete sich das Gas und es bildeten sich Molekülwolken, in welchen schließlich Sterne entstehen konnten. Sieben bekannte, und gut erforschte Sternentstehungsgebiete befinden sich an der Außenseite der Blase.

Sonne im Zentrum "Zufall"

Dass die Sonne sich derzeit ziemlich genau im Zentrum der Lokalen Blase befindet, sei "Zufall", betonte Alves. Bei den ersten Supernovae, die zur Bildung des Hohlraums geführt haben, sei die Sonne noch weit entfernt davon entfernt gewesen. "Aber vor etwa fünf Millionen Jahren hat der galaktische Orbit unserer Sonne unser Sonnensystem direkt in die Lokale Blase geführt. Und nun sitzen wir fast genau im Zentrum davon."

Weil sich der Hohlraum nicht unbegrenzt ausdehnen wird - die Expansion hat ihren Schwung bereits verloren und sich auf eine relativ konstante Geschwindigkeit von sechs bis sieben Kilometer pro Sekunde eingependelt - schätzt Alves, dass unser Sonnensystem in weiteren rund fünf Millionen Jahren die Blase wieder verlassen wird. "Das wird auch davon abhängen, wie viele der massereichen Sterne in der Nähe der Sonne in dieser Zeit explodieren werden - es werden sicher einige sein, etwa Antares im Herzen des Sternbilds Skorpion", so der Astrophysiker.

Erde überlebte mehrere solcher Blasen

Die Erde muss seit ihrer Entstehung vor rund 4,5 Mrd. Jahre viele solcher Blasen durchquert und dabei überlebt haben, betone Alves. Die Frage sei dabei immer, welche Auswirkungen das auf den Planeten hatte. "Je nachdem, wie nahe wir in der Vergangenheit einer echten Supernova waren, kann das Ergebnis von einem schönen hellen neuen Stern am Himmel bis hin zu einem Massenaussterben reichen."

Statistisch gesehen wäre es sehr unwahrscheinlich, dass die Sonne im Zentrum einer so großen Blase sitzt, wenn solche Gebilde in der Milchstraße selten wären, betonen die Wissenschafter. Sie gehen daher davon aus, dass solche Blasen eine wichtige Rolle in Galaxien wie der Milchstraße spielen und diese durchlöchert wie Emmentaler sind. Erzeugt von in Supernovae sterbenden Sternen können an den Rändern der Blasen immer wieder neue Sterne entstehen. In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschafter alle interstellaren Blasen in Reichweite vermessen und so eine vollständige 3D-Visualisierung der Struktur zu bekommen.

Service: "Nature"-Arbeit: http://dx.doi.org/10.1038/s41586-021-04286-5; 3D-Visualisierung der Lokalen Blase: http://go.apa.at/bynNpSDu; Website zur Arbeit: http://go.apa.at/SGrSZXCT; Youtube-Video zur Arbeit: http://go.apa.at/TlOXXHZw

(APA/red, Foto: APA/STScI/Hustak/Leah Hustak)

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