Rabatt-Vereinbarung bei Gentherapie in Deutschland

28. März 2019 - 11:41

320.000 Euro pro Behandlung will der Pharmakonzern Novartis für eine CAR-T-Zell-Krebstherapie je Patient verrechnen. Profitieren können von der Behandlung vorerst vor allem Menschen mit Blutkrebs. Nach EU-Arzneimittel-Zulassung muss die Therapie in Spitälern abseits von Studien finanziert werden. In Deutschland haben jetzt Novartis und Krankenkassen eine erfolgsabhängige Preisabsprache getätigt.

CAR-T-Zelltherapien: Neue Behandlungsmöglichkeiten für Blutkrebs
CAR-T-Zelltherapien: Neue Behandlungsmöglichkeiten für Blutkrebs

Davon berichtete vor kurzem die deutsche Gesellschaft für Wirtschaftlichkeit und Qualität bei Krankenkassen (GWQ Service Plus) als Verhandlungsplattform beteiligter deutscher Krankenversicherungen in einer Aussendung: "Novartis führt einen Teil der Arzneimittelkosten für 'Kymriah' (Tisagenlecleucel) an die GWQ zurück, sollte innerhalb eines definierten Zeitraums das Therapieergebnis 'Überleben' nicht erreicht werden. Novartis und GWQ tragen damit gemeinsam Verantwortung für eine nachhaltige Finanzierung des Gesundheitssystems. Die vertragliche Vereinbarung stellt einen zentralen Baustein für die beschleunigte Patientenversorgung mit innovativen Heilmethoden dar."

Der Hintergrund: Mit diesen CAR-T-Zelltherapien stehen - derzeit - in der Behandlung sonst kaum mehr beherrschbarer bösartiger Erkrankungen neue Möglichkeiten zur Verfügung. Im Rahmen des Verfahrens werden jedem einzelnen Patienten T-Zellen aus dem Blut entnommen. Sie werden genetisch so verändert, dass sie dann an der Oberfläche einen Rezeptor für den B-Zell-Oberflächenmarker CD19 tragen. Die veränderten Zellen werden vermehrt, der Patient erhält sie schließlich per Infusion zurück. Im Körper richten sich diese Zellen dann gegen die krank machenden Blutkrebszellen (z. B. B-Zellen der Lymphom-Erkrankung; Anm.). Auf der Basis von relativ kleinen Studien wurden solche Therapien zum Beispiel bereits für Leukämien bei Kindern und Jugendlichen/jungen Erwachsenen in den USA und in der EU zugelassen.

Hohe Behandlungskosten

Ein in wissenschaftlichen Studien nicht genannter Punkt sind die Kosten für diese Behandlung. Der Schweizer Konzern Novartis verlangt rund 320.000 Euro für die Zelltherapie allein (exklusive der Vorbehandlungskosten und der Aufwendungen bei Nebenwirkungen etc.). Der Novartis-Konkurrent Gilead hat für ein CAR-T-Zellverfahren das US-Unternehmen Kite Pharma im August 2017 für 11,9 Milliarden US-Dollar (10,50 Mrd. Euro) gekauft. Solche Investitionen wollen erst "hereingebracht" werden.

Bei klinischen Studien, wie sie zum Beispiel an der MedUni Wien, in Linz etc. durchgeführt werden, begleicht der Sponsor die Rechnung. Für die Überführung in die klinische Routine bedarf es aber der Kostenübernahme bei den Spitalserhaltern. In Deutschland zahlen die Krankenkassen sowohl für die Spitalsbehandlung als auch für die Versorgung der Patienten in der niedergelassenen Praxis. In Österreich sind die Krankenhausträger (Bundesländer) in der Pflicht.

Bei mangelnder Wirkung Teilrückzahlung

In Deutschland jedenfalls hat GWQ vor kurzem mit Novartis einen "Deal" mit Erfolgsvariante ausgehandelt. "Die CAR-T-Zelltherapie ist als zelluläre Immuntherapie ein völlig neuer Therapieansatz und wird eingesetzt zur Behandlung von Kindern, Jugendlichen und jungen erwachsenen Patienten im Alter bis zu 25 Jahren mit refraktärer (auf Therapie nicht ansprechender; Anm.) oder rezidivierter (Rückfall nach Stammzelltransplantation oder zweiter oder späterer Rückfall) akuter lymphatischer B Zell Leukämie (ALL) sowie bei erwachsenen Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligen B Zell Lymphom (DLBCL) nach zwei oder mehr Linien (Behandlungsversuchen; Anm) einer systemischen (Chemo-; Anm.)Therapie", schrieb die deutsche Krankenkassen-Verhandlungsplattform.

Die speziellen Parameter für die Vereinbarung wurden in der Aussendung nicht publik gemacht. So zum Beispiel könnte der Rabatt bei Versterben von Patienten innerhalb eines Jahres rund ein Drittel des Novartis-Listenpreises für die Therapie betragen. Die Teil-Refundierung von Therapiekosten durch den Konzern könnte von den Daten aus klinischen Studien für jeweils einzelne Erkrankungen, die mit CAR-T-Zellen behandelt werden, abhängig sein. Das könnte auch bei Vorhandensein neuer wissenschaftlicher Daten jeweils adaptiert werden.

Zum Teil schwere Nebenwirkungen

Eine von Novartis finanzierte wissenschaftliche Untersuchung mit Beteiligung von Wiener Wissenschaftern wertete vor kurzem die Daten von 93 erwachsenen Patienten aus, welche mit sogenannten CAR-T-Zellen gegen ein Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom (Blutkrebs; Anm.) nach einem Rückfall oder Nichtansprechen der Ersttherapie behandelt worden waren. "Wundermittel" ist diese Therapieform keines.

40 Prozent der Patienten hatten eine komplette Therapieantwort (keine Krankheitszeichen mehr; Anm.). Zwölf Prozent zeigten ein partielles Ansprechen. Zwölf Monate nach jeglichem Ansprechen waren 65 Prozent frei von einem Rückfall (bei den Patienten mit komplettem Ansprechen waren es 79 Prozent).

Die Nebenwirkungen waren erheblich: 22 Prozent der Behandelten hatten vorübergehend eine durch massive Immunbotenstoff-Freisetzung hervorgerufene Entzündungsreaktion, zwölf Prozent (zum Teil überschneidend mit der Zytokin-Problematik) bekamen neurologische Probleme, wobei vor allem Gehirnblutungen gefürchtet sind. Weiters kam es vorübergehend zu schweren Beeinträchtigungen des Immunsystems und zu Infektionen.

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP))

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