Ötzis Werkzeuge geben neue Aufschlüsse über sein Lebensende

21. Juni 2018 - 12:05

Ein Forscherteam rund um die Südtiroler Archäologin Ursula Wierer hat bei Untersuchungen von Ötzis Feuersteinwerkzeug (Silex) neue Erkenntnisse über die letzten Lebenstage der Gletschermumie gewinnen können. Diese waren wohl von Flucht und Verfolgung geprägt, da der Mann aus dem Eis seine Werkzeuge nicht mehr reparieren und seine Pfeilspitzen nicht mehr ergänzen konnte.

Laut Forschern vermutlich durch Flucht und Verfolgung geprägt
Laut Forschern vermutlich durch Flucht und Verfolgung geprägt

Der Mann aus dem Eis hatte auf seinem Weg auf das 3.210 Meter hoch gelegene Tisenjoch eine kompakte Feuersteinausrüstung dabei, teilte das Südtiroler Archäologiemuseum in einer Aussendung mit. Dazu gehörten ein Dolch mit sehr kurzer Klinge und abgebrochener Spitze sowie zwei Pfeilspitzen. In der Gürteltasche fanden sich ein Kratzer und ein Bohrer, beide stark abgearbeitet, sowie ein kleiner Feuersteinabschlag und der weltweit einzigartige Retoucheur zum Feuersteinbearbeiten.

Obwohl Ötzi kein professioneller Feuersteinschläger war, sei er sehr wohl in der Lage gewesen, mit seinem Retoucheur seine Werkzeuge nachzuschärfen. Offensichtlich hatte Ötzi aber seit geraumer Zeit vor seinem Tod keinen Zugang zu neuem Silexmaterial mehr. Die Gebrauchsspuren am Kratzer und am Retoucheur weisen zudem daraufhin, dass Ötzi Rechtshänder war.

Herkunft von Feuerstein und Pfeilspitzen

Auch die Herkunft des Feuersteins von Ötzis Artefakten konnte anhand geologischer Vergleiche erstmals im Detail dokumentiert und topografisch verortet werden, hieß es. Demnach stammt der Silex von fünf der sechs Geräte von der sogenannten Trienter Plattform, welche ein weites Gebiet zwischen Trentino und Veneto umfasst. Die Herkunft einer der Pfeilspitzen konnte sogar auf den Nonsberg (Trentino) eingegrenzt werden. Der Feuerstein des Dolches stammte laut den Forschern jedoch aus dem Abhang zwischen der Trienter Plattform und dem Lombardischen Becken, was dem heutigen westlichen Trentino und der östlichen Lombardei entspricht. Ötzis Gemeinschaft pflegte demzufolge Handelsbeziehungen mit unterschiedlichen, teils weit entfernten Gebieten.

Mit der neuen Untersuchung konnten auch Bearbeitungstechniken aufgezeigt werden, mit denen Ötzi und seine Zeitgenossen Feuersteingeräte herstellten und bei Bedarf, mittels Drucktechnik, immer wieder nachschärften. Fast alle Geräte des Mannes aus dem Eis weisen an den Werkzeugkanten starke Abnutzungsspuren auf. An ihnen konnten die Wissenschafter die Arbeitsrichtung und die bearbeiteten Materialien ablesen. Ötzi verwendete seine Geräte demnach vor allem für das Schneiden von Pflanzen, unter anderem von kieselsäurehaltigen Gräsern, z.B. Getreide oder Wildpflanzen.

Das Forschungsprojekt wurde vom Südtiroler Archäologiemuseum initiiert und finanziert. Die Ergebnisse wurden in der wissenschaftlichen Zeitschrift "PLOS ONE" publiziert.

(APA/red, Foto: APA/APA (Nosko))

tutor18

Studium.at Logo

© 2010-2021  Hörsaal Advertainment GmbH

Kontakt - Werbung & Mediadaten - Datenschutz - Impressum

Studium.at versichert, sämtliche Inhalte nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und aufbereitet zu haben.
Für etwaige Fehlinformationen übernimmt Studium.at jedenfalls keine Haftung.