Österreichs Seen werden immer wärmer

1. August 2018 - 9:23

Die Wassertemperaturen österreichischer Seen sind seit 1880 gestiegen. Das zeigt eine Studie der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) für zwölf repräsentativ über Österreich verteilte Seen. Die stärksten Anstiege traten seit den 1980er-Jahren im Frühling und Sommer auf. Simulationen mit Klimamodellen deuteten zudem auf einen weiteren Anstieg der Temperaturen bis zum Jahr 2100 hin.

Kaum mehr echte Abkühlung
Kaum mehr echte Abkühlung

Auswertungen der Vergangenheit ab dem Jahr 1880 zeigen für alle Seen deutliche Unterschiede der Wassertemperatur von Jahr zu Jahr und Schwankungen zwischen Dekaden. Ab Mitte der 1980er setzte aber eine deutliche Erwärmung des Wassers ein. "Die Trends im Frühling und Sommer sind stärker ausgeprägt als jene im Herbst.", sagte ZAMG-Klimaforscher Christoph Matulla. "Zum Beispiel wurden seit Anfang der 1980er-Jahre im Juli der Wörthersee und der Zellersee um zwei Grad wärmer, während im Herbst die Temperaturzunahmen unter einem Grad liegen. Ähnliches gilt auch für die anderen untersuchten Seen."

Erster umfassender Datensatz

Das Studienergebnis des Climate Impact Team (CIT) der ZAMG bildet den ersten umfassenden Datensatz für den Europäischen Alpenraum von 1880 bis 2100. Historische Daten von 1880 bis zur Gegenwart wurden durch Aufbereitungen von Messungen zusammengestellt und zum Teil mit numerischen Modell-Simulationen rekonstruiert. Die künftigen Entwicklungen der Temperaturen bis ins Jahr 2100 basieren auf unterschiedlichen Entwicklungsszenarien der Menschheit, regionalisierten Klima-Projektionen und Simulationen mit den Modellen, die auch für die Rekonstruktion eingesetzt worden sind. Die Studie und der Datensatz - der erste umfassende für die österreichischen Seetemperaturen für diesen Zeitraum - werden demnächst in der Fachzeitschrift "Climate Dynamics" veröffentlicht.

Da Messwerte der Seetemperaturen nur unregelmäßig, mit unterschiedlichen Methoden an teilweise wechselnden Standorten erhoben wurden und erst ab 1950 vorliegen, mussten die Forscher sie zuerst mit aufwändigen mathematischen Methoden von Fehlern befreien und dann zurück bis 1880 rekonstruiert werden. Damit wurde eine einheitliche Datenbasis geschaffen. Dabei wurden Aufzeichnungen der Hydrologischen Jahrbücher, die für die letzten rund 70 Jahre vorliegen, digitalisiert und mit jüngeren, bereits digital vorliegenden Daten der Sektion für Wasserwirtschaft des Umweltministeriums zusammengeführt.

"Diese Daten mussten so aufbereitet werden, dass die Wassertemperatur-Entwicklungen an verschiedenen Seen miteinander und mit anderen Beobachtungen in Beziehung gesetzt werden können", erklärte Matulla. "Denn Änderungen der Messmethoden, Messgeräte oder Messstandorte verursachen Variationen in den Daten, die mit Klimaänderungen nichts zu tun haben. Durch Anwendung sogenannter Homogenisierungsverfahren konnten die Messreihen von Fehlern bereinigt werden."

Lufttemperatur entscheidende Wettergröße

Im nächsten Schritt wurden die Temperaturen bis 1880 rekonstruiert. Da die Aufzeichnungen der Seetemperaturen nur rund 70 Jahre in die Vergangenheit zurückreichen, Wetterdaten im Alpenraum aber für die letzten rund 260 Jahre verfügbar sind, wurde für jeden See aus bereinigten Wassertemperatur-Entwicklungen und Wetterdaten Zusammenhänge abgeleitet. "Bezogen auf die Entwicklung der Seetemperaturen spielt, wie erwartet, die Lufttemperatur die wichtigste Rolle bei den Wettergrößen. Besonders im für die Pflanzen- und Tierwelt wichtigsten Jahresverlauf reagiert die Wassertemperatur schnell auf wärmere oder kältere Verhältnisse der Atmosphäre", erläuterte Projektleiter Matulla.

"Durch die systematische Analyse von Wettergrößen und Beobachtungsstationen im Alpenraum, das waren konkret 160 Millionen numerische Experimente, konnte gezeigt werden, dass der Zusammenhang zwischen Seetemperaturen und Wetterbeobachtungen nicht nur für nahe gelegene Stationen gut ist, sondern sich die Wassertemperaturen auch mit Hilfe von Beobachtungen außerhalb der unmittelbaren Umgebung erfolgreich bestimmen lassen. Mit diesem Wissen und den abgeleiteten Zusammenhängen konnten für jeden See Wassertemperatur-Entwicklungen zurück bis 1880 rekonstruiert werden, also bis kurz nach der sogenannten kleinen Eiszeit."

Klimaprojektionen als Basis

Die verwendeten Wetterdaten stammten aus dem HISTALP-Datensatz der ZAMG. Der in dieser Studie erzeugte Seetemperaturdatensatz wird in HISTALP integriert. Zur Ableitung künftiger Wassertemperaturen bis zum Jahr 2100 wurden sogenannte Klimaprojektionen herangezogen. Diese beruhen auf unterschiedlichen Annahmen, wie sich Weltbevölkerung, Energieverbrauch etc. in Zukunft gestalten.

Der vor allem im Hochsommer enge Zusammenhang zwischen Wasser- und Lufttemperatur und die von allen Entwicklungspfaden der Menschheit verursachte - jedoch unterschiedlich starke - Klimaerwärmung in den kommenden Dekaden bedeutet laut ZAMG auch für die Wassertemperaturen von Österreichs Seen eine fortgesetzte Erwärmung. Die weitere Erwärmung der Seen bis 2100 sei vom Klimaszenario abhängig und kann bis zu einer Verdreifachung der bisherigen Temperaturzunahme reichen.

Service: Die Daten zu den Wassertemperatur-Entwicklungen werden noch im Laufe des Sommers downloadbar sein unter: www.zamg.at/histalp

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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