6.3.2025, 10:15 Uhr

Öffentlich zugängliche Forschung: Wissen teilen, ja, aber...

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In der "Open Science"-Bewegung teilen Forschende ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse mit der Öffentlichkeit und mit der Kollegenschaft. Thomas Klebel vom Know Center in Graz hat in einer Metastudie versucht, herauszufinden, welche Auswirkungen diese Praxis auf die Wissenschaft hat. "Es braucht mehr öffentlich zugängliche Forschung", so der Soziologe vorweg im Gespräch mit APA-Science. Die Studie erschien im entsprechenden Journal der Royal Society - natürlich für jede und jeden öffentlich zugänglich.

Open Science (OS) steht für die Öffnung von Forschungsprozessen und den Zugang zu Forschungsergebnissen sowohl für die Wissenschaft als auch für die interessierte Öffentlichkeit. Das ist aber nicht immer im Interesse der Forschenden oder jeweiligen Institutionen, erklärte Klebel, schließlich sei das eine Frage von Kosten und Skills. Außerdem gelte es auch, die eigenen Interessen zu schützen. "In der Hinsicht ist es ein klassisches Dilemma kollektiven Handelns, dass man davon profitiert, wenn die anderen teilen, aber die Frage ist, ob man selber teilen kann", so der Soziologe vom Know Center, das sich der KI- und Data Science-Forschung verschrieben hat.

Auf den Bereich kommt es an

In Bereichen wie der Astrophysik etwa sei es klar, dass die Daten von Weltraumteleskopen wie dem James-Webb-Teleskop geteilt werden, "denn das könnte sich sonst niemand leisten", betonte der Wissenschafter. Eine Ausnahme sei auch die Corona-Pandemie gewesen: "Das offene Teilen von Preprints und Daten hat dazu geführt, dass die Wissenschaftscommunity sehr schnell auf die Herausforderungen reagieren konnte."

Bisher habe es keine systematische Zusammenfassung des Ausmaßes, in dem Open Science seine deklarierten Ziele - Verbesserung von Effizienz, Transparenz und Nachvollziehbarkeit der wissenschaftlichen Arbeit - erreicht, gegeben. Klebels Forschungsteam versuchte nun, diese Lücke teilweise zu schließen. Es wurden 485 Studien zu allen Aspekten von OS miteinbezogen, einschließlich Open Access, Open/FAIR Data, Open Code/Software, Open Evaluation und Citizen Science.

Positive Effekte

Die positiven Effekte seien am greifbarsten in Bezug auf Effizienz und Produktivität, zum Beispiel im Bereich Citizen Science. Dazu gebe es viel Evidenz, betonte Klebel. Aber auch was den Zugang zu Literatur betrifft, biete Open Access Vorteile. "Die Zitationen sind geografisch deutlich diverser", sagte der Forscher. "Es gibt eine höhere Diversität und einen weniger starken Fokus auf den globalen Norden bei Zitationen, weil mehr Menschen aus verschiedenen Regionen Zugriff haben. Natürlich gibt es dann die Kehrseite, weil der Zugang zum Publizieren eingeschränkt ist."

Allgemein könne man sagen, "dass die positiven Effekte überwiegen", aber es gebe eben auch negative und die dürfe man nicht ignorieren, insbesondere in Bezug auf Gerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion. "Es ist toll, wenn Daten öffentlich sind, aber es braucht trotzdem Institutionen, die die Ressourcen haben, um diese Daten zu nutzen", meinte Klebel. "Wenn es im globalen Süden darum geht, stabilen Internetzugang zu haben, und der nicht funktioniert, dann stehen wir noch vor einem weiten Weg."

Österreich hat Basisfinanzierung

Zu einer großen Barriere zählen die teils hohen Beiträge für die Publikationen. "Ein vertretbarer Betrag wäre zwischen 500 und 1.000 Euro für die Kosten, die der Publisher hat, aber manche Publisher verlangen bis zu 10.000 Euro. Das führt mitunter dazu, dass zwar alle lesen können, aber nicht alle publizieren können", erläuterte der Wissenschafter weiters. "In Österreich gibt es keine solche Barriere, aber in anderen Ländern durchaus."

Denn ein Land wie Österreich hat eine Basisfinanzierung. Forscht man also an einer österreichischen Einrichtung, so werden die Kosten teilweise übernommen. Österreich, so der Experte, hätte - unabhängig von der aktuellen Studie - ein "gutes Standing", wenn es um die European Open Science Cloud (EOSC) geht.

Gleichzeitig gebe es ganz generell nur wenige Anreize für Forschende, mit Open Science zu arbeiten. "Es braucht das, was man unter dem Schlagwort Reform of Reward and Recognition versteht", betonte Klebel, "also eine Reform der Bewertungskriterien in der Wissenschaft. Da gibt es sicher noch Aufholbedarf in der Kultur."

Service: https://doi.org/10.1098/rsos.241248

APA/red Foto: APA/APA/FOHRINGER/HELMUT FOHRINGER