Nobelpreisträger: Gen-Maschine eines der ältesten Stücke des Lebens

11. Mai 2022 - 11:59

Der indisch-britisch-amerikanische Biologe Venki Ramakrishnan bekam 2009 den Nobelpreis für Chemie für die Aufklärung der Struktur des Ribosoms, das er "Gen-Maschine" heißt. Anlässlich zweier Vorträge am Freitag am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg erklärte er der APA, wie spannend er diese molekulare Maschine findet, was zur Entdeckung ihrer Struktur führte, und warum ihm sein erster Bildungsweg als theoretischer Physiker dabei half.

Venki Ramakrishnan erhielt 2009 Chemie-Nobelpreis für Ribosomen-Struktur-Arbeiten
Venki Ramakrishnan erhielt 2009 Chemie-Nobelpreis für Ribosomen-Struktur-Arbeiten

"Das Ribosom ist eines der ältesten Moleküle des Lebens", so der Forscher: "Es existierte schon, bevor DNA als genetisches Material verwendet wurde." Daher sei es von "fundamentalem Interesse". Ein Ribosom von Bakterien unterscheide sich ein wenig von einem menschlichen. Daher kann man Antibiotika verwenden, um bei Infektionen bakterielle Ribosomen gezielt auszuschalten. Kennt man ihre Struktur genauer, könne man bessere Antibiotika herstellen und Resistenzen vermeiden, erklärte Ramakrishnan. Zusätzlich seien Ribosomen medizinisch relevant, weil ihre Eiweißstoff-Herstellung bei Menschen Grundlage für eine gute Gesundheit ist.

Besseres Verständnis von Krebs und Alterungsprozessen

Ein Ribosom ist quasi eine Gen-Maschine, die Boten-RNA(mRNA)-Vorlagen abliest, um daraus die passenden Eiweißstoffe herzustellen, erklärte der Nobelpreisträger: "Eiweißstoffe bauen die Strukturen unserer Zellen und Gewebe auf und führen all die chemischen Reaktionen durch, die Leben ermöglichen." Die Boten-RNA-Instruktionen würden zuvor von den DNA-Informationen abgeschrieben.

Als die Forscher die Ribosomen-Struktur aufklären wollten, gab es zwei große Herausforderungen: "Erstens war es entscheidend, gute Kristalle des Ribosoms zu gewinnen, um ihre Struktur mit Röntgenstrahlen aufzulösen", so Ramakrishnan: "Zweitens brauchten wir sehr große Teilchenbeschleuniger für die Herstellung der Röntgenstrahlen, um Daten zu generieren, die gut genug für die Struktur-Berechnungen waren." Heute würden die Ribosomen-Forscher solche Untersuchungen mit Elektronenmikroskopen durchführen. "Unsere Methode ist also irgendwie obsolet geworden", sagte der Forscher: "So ist eben die Wissenschaft."

"Die Ribosomen-Struktur erlaubt uns zu verstehen, wie eine Zelle das Timing und die Menge der Eisweißstoffproduktion reguliert", erklärte der Forscher. Manche Viren stellen die zelleigene Eiweißstoff-Herstellung ab und kapern die Ribosomen-Maschinerie, um ihre eigenen Eiweißstoffe anfertigen zu lassen, sagte Ramakrishnan: "Wenn wir all diese Prozesse gut verstehen und wissen, was dabei alles falsch laufen kann, haben wir eine gute Basis, virale Infektionen, Krankheiten wie Krebs und Alterungsprozesse zu verstehen."

Karrierebeginn als theoretischer Physiker

Seine wissenschaftliche Karriere begann Ramakrishnan als theoretischer Physiker. "Die mathematischen Fähigkeiten, die man sich in diesem Fach erwirbt, sind nützlich bei physikalischen Methoden wie der Röntgen-Strukturanalyse und Elektronenmikroskopie, um biologische Strukturen zu untersuchen", sagte er: "In dem Sinne war das für mich also ganz brauchbar." Viele Physiker, die in die Biologie arbeiten, würden aber "mit einer recht arroganten Einstellung daherkommen". "Diese haben aber in der Regel einen recht geringen Einfluss", meinte er: "Jene, die signifikante Beiträge lieferten, hatten die Demut, zuerst auch Biologen zu werden und zu lernen, was überhaupt die wichtigen Fragestellungen in diesem Gebiet sind."

Neben seiner biologischen Forschung schreibt Ramakrishnan populäre Wissenschaftsbücher: Im bisher nur auf Englisch erhältlichen Werk "Gene Machine" beschreibt er das Rennen um die Aufklärung der Ribosomen-Struktur. "Es ist eine freimütige Erinnerung über diverse Vorgänge in der wissenschaftlichen Forschung: Etwa Wettkampf versus Zusammenarbeit, und die Egos und Persönlichkeiten der Wissenschafter." Zur Zeit arbeite er an einem weiteren Buch: "Darin wird geschrieben stehen, warum wir biologisch altern und sterben, ob es etwas gibt, das wir dagegen tun können, und ob wir dies aufgrund der sozialen Implikationen überhaupt tun sollten."

Am ISTA in Klosterneuburg wird Venki Ramakrishnan am Freitag (13. Mai) in zwei Vorträgen berichten, wie die Ribosomen den korrekten Startpunkt auf der mRNA-Vorlage finden, um Eiweißstoffe herzustellen. "Dies ist der von der Zelle am meisten kontrollierte Schritt und ein Angriffspunkt für Viren genau so wie für Wirkstoffe", erklärte er.

Service: Links zu den Vorträgen: ISTA Lecture: https://ist.ac.at/de/news-events/event/?eid=3588, ISTA Lecture Young Lounge: https://ist.ac.at/de/news-events/event/?eid=3704

(APA/red, Foto: APA/Privat)

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