Neues Medikament gegen multiresistente HI-Viren

11. Mai 2022 - 23:05

Ein neues Medikament könnte die Behandlungschancen für HIV/Aids-Patienten, bei denen die herkömmlichen Arzneimittel der antiretroviralen Therapie nur noch schlecht wirken, deutlich verbessern. Der vom US-Pharmakonzern Gilead entwickelte Wirkstoff Lenacapavir besitzt einen innovativen Wirkungsmechanismus und hat in einer Wirksamkeitsstudie einen Effekt bei etwas mehr als 80 Prozent der Behandelten gezeigt.

HI-Viren unter dem Elektronenmikroskop
HI-Viren unter dem Elektronenmikroskop

Die wissenschaftliche Untersuchung von Sorana Segal-Maurer vom New York-Presbyterian Queens Hospital ist jetzt im "New England Journal of Medicine" erschienen (12. Mai; DOI: 10.1056/NEJMoa2115542). "Für die meisten Patienten mit einer HIV-1-Infektion kann man eine wirksame antiretrovirale Behandlung finden. Aber bei manchen Patienten kommt es zu mehrfachem Behandlungsversagen durch Virusresistenzen oder Nebenwirkungen der Therapie", schrieben die Wissenschafter.

Bei rund 38 Millionen HIV-Infizierten weltweit und Ende Juni 2021 rund 28,2 Millionen Betroffenen mit Zugang zu einer antiretroviralen Therapie ist die Zahl derjenigen, bei denen die herkömmlichen Medikamente auch fehlschlagen können, groß. Bisher gibt es vier hauptsächliche Klassen von Aids-Medikamenten, die vor allem Enzyme der HI-Viren blockieren.

Neuer Ansatzpunkt

Der neue Wirkstoff Lenacapavir setzt offenbar an einer Stelle der HI-Viren an, die bisher noch nicht angepeilt worden ist: Wenn die Aids-Erreger in Zellen eingedrungen sind, muss sich die Hülle (Kapsid) rund um die RNA-Erbsubstanz so verändern, dass die RNA freigesetzt werden kann. Kapsid-Inhibitoren - so zum Beispiel Lenacapavir - sollen diese Vorgänge verhindern.

Mit der neuen Wirksamkeitsstudie sollte eine Behandlung mit dem neuen Medikament auf Effekt und Nebenwirkungen untersucht werden. Die Teilnehmer mussten mehr als zwölf Jahre alt sein und Anzeichen einer wirkungslos gewordenen HIV/Aids-Therapie aufweisen. Insgesamt wurden 72 Patienten in die wissenschaftliche Untersuchung aufgenommen. Bei einem Teil der Probanden wurde am Anfang zusätzlich zu der sonstigen antiretroviralen Therapie ein Placebo verabreicht. Im weiteren Verlauf erhielten aber alle Teilnehmer das neue Arzneimittel als Injektion unter die Haut.

Zahl der Viruskopien drastisch reduziert

Der Erfolg: Unter den 24 Patienten, welche von Beginn an das neue Medikament erhalten hatten, sank die Zahl der Viruskopien im Blut schon binnen zwei Wochen um mehr als 99 Prozent, bei den zwölf Patienten mit Placebo blieb diese Zahl in etwa gleich. Nach 26 Wochen wiesen mehr als 80 Prozent der Teilnehmer - im Laufe der Studie bekamen ja schließlich alle das neue Arzneimittel - weniger als 50 HI-Viruskopien pro Milliliter Blut auf. Das bedeutet, dass die Infektion unter Kontrolle gebracht werden konnte.

Ein Vorteil könnte auch sein, dass das neue Arzneimittel, das in der Studie in den ersten beiden Wochen in Tablettenform verabreicht wurde, in der Regel nur noch alle sechs Monate als Injektion unter die Haut verabreicht werden muss. Das erleichtert den Betroffenen ihr Behandlungsmanagement.

(APA/red, Foto: APA/APA/dpa/A3500 Hans Gelderblom Rki)

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