Neuer ÖAW-Chef Faßmann setzt auf Sisyphos-Arbeit "Aufklärung"

1. Juli 2022 - 9:23

Das neue Präsidium der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat am Freitag offiziell sein Amt angetreten. Bereits vergangene Woche hat der neue ÖAW-Präsident Heinz Faßmann bei der Akademie-Gesamtsitzung von seinem Vorgänger Anton Zeilinger die Amtskette übernommen. Faßmann will verstärkt auf Öffentlichkeit und Medien zugehen und im Kampf gegen die Wissenschaftsskepsis in Österreich auf "Aufklärung" setzen, auch wenn das Sisyphos-Arbeit sei, wie er im Gespräch mit der APA sagte.

"3E"-Konzept als Basis
"3E"-Konzept als Basis

Der 66-jährige Geograph und ehemalige Bildungsminister Heinz Faßmann wurde Ende März zum Nachfolger Zeilingers an der ÖAW-Spitze gewählt. Der Physiker hatte seit 2013 die ÖAW geleitet. Auf Faßmanns Vorschlag wurden dann die Physikerin Ulrike Diebold als Vizepräsidentin sowie die Rechtswissenschafterin Christiane Wendehorst als Präsidentin der philosophisch-historischen Klasse und der Weltraumforscher Wolfgang Baumjohann als Präsident der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse gewählt.

Zum Amtsantritt freut sich Faßmann "auf die Akademie insgesamt - auf die Managementaufgabe beim Forschungsträger und auf den intellektuellen Diskurs in der Gelehrtengesellschaft. Was will man mehr als ehemaliger Politiker", betonte er.

Zu Beginn seiner Präsidentschaft will er mit den Präsidiumsmitgliedern einen Plan ausarbeiten, was in den ersten drei Monaten geschehen soll. "Da gibt es einiges zu tun, wenn ich etwa an die Nachfolge von Josef Penninger denke. Personalien allein sind aber noch nicht die großen, auch für die Öffentlichkeit interessanten Handlungen", betonte Faßmann. Der Genetiker Josef Penninger war aufgrund seines Wechsels nach Kanada 2018 als Direktor des ÖAW-Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) ausgeschieden, seither leitet sein Stellvertreter Jürgen Knoblich das IMBA interimistisch.

Das Arbeitsprogramm der neuen ÖAW-Führung werde über die Sommermonate ausgearbeitet, klar ist für Faßmann aber bereits, dass man verstärkt auf die Öffentlichkeit zugehen wolle, um zu zeigen, "dass die Akademie eine relevante Einrichtung ist, die auch für die Beratung von Politik und Gesellschaft etwas leisten kann". Eine besondere Rolle haben dabei für ihn Medien: "Wir können über unsere Vorträge nie so viele Menschen erreichen wie über die Medien."

Diesen will er spezielle Offerte bieten, etwa das bereits geplante interaktive Format "Science Update" für Journalisten und Journalistinnen - "nicht immer um die großen News zu propagieren, sondern auch um etwas vom großen Hintergrundwissen der Akademie zu vermitteln", sagte der ÖAW-Chef. Die Themen sollten dabei gesellschaftlich relevant sein, etwa Fragen wie "Unter welchen Bedingungen kann der Energiewandel funktionieren?" oder "Welche gravierenden gesellschaftspolitischen Auswirkungen wird es noch durch den demographischen Wandel geben?".

Wortmeldungen bei aktuellen Anlässen

Bei aktuellen Anlässen werde sich die ÖAW aber auch in Richtung Öffentlichkeit zu Wort melden. "Das ist auch ein Teil des öffentlichen Bildungsauftrags, den die Akademie zu erfüllen hat." Faßmann hofft damit, auch der in Österreich verbreiteten Wissenschaftsskepsis entgegenzuwirken - auch wenn er weiß, dass es keine einfache Erklärung dafür gebe und es daher "nicht den einen Schalter gibt, den man umlegen muss, damit aus Wissenschaftsskepsis Wissenschaftssympathie wird".

Notwendig sei jedenfalls - ebenfalls im Zusammenspiel mit den Medien - "Aufklärung. Wir müssen aufklären, was wissenschaftliches Wissen heißt, welche besondere Qualität dieses Wissen im Gegensatz zum Alltagswissen hat, welche positive Rolle Technologien spielen, usw.. Diesen Bildungsauftrag müssen wir täglich erfüllen, so wie Sisyphos immer wieder den Stein hinaufgerollt hat."

Bei seiner Wahl hat Faßmann sein Konzept unter drei "E" subsummiert: er wolle weiter auf Exzellenz setzen, den europäischen Forschungsraum stärker nützen und bei der Grundlagenforschung expandieren, sagte er damals. Befragt, ob sich diese Expansion der Grundlagenforschung in mehr Köpfen, mehr Themen oder mehr ÖAW-Instituten niederschlagen werde, sagte Faßmann: "Alles davon kann es sein."

Grundlagenforschung als Substrat

Die Grundlagenforschung werde manchmal vergessen, sei aber das Substrat, auf dem gute Ideen wachsen können. Deshalb würden alle großen Wissenschaftsstaaten großen Wert auf eine breite Grundlagenforschung legen. Diese dürfe aber "nicht ausschließlich neugiergetrieben sein, meine wissenschaftlichen Kollegen müssen auch so etwas wie eine Anwendungsperspektive entwickeln und sagen, worin die Relevanz besteht. Ganz losgelöst mit Hilfe des Steuerzahlers seinen eigenen Privatinteressen nachzugehen, das ist nicht meine Vorstellung".

Eine solche Stärkung der Grundlagenforschung kostet Geld - würde sich der neue ÖAW-Präsident daher wünschen, bei den Verhandlungen der aktuellen Leistungsvereinbarung damals als Minister weniger hart verhandelt zu haben? "Das ist eine ordentliche Leistungsvereinbarung mit 90 Maßnahmen, die ausfinanziert sind. Der Vorteil ist, dass ich beide Seiten kenne."

(APA/red, Foto: APA)

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