Neue Titel in der Weiterbildung stoßen auf breite Skepsis

25. Mai 2021 - 15:05

Die vom Bildungsministerium geplante Neuaufstellung der Weiterbildungsangebote an den Hochschulen stößt auf Skepsis. Vor allem die vorgeschlagenen neuen Titel werden in den Stellungnahmen zum Begutachtungsentwurf kritisch gesehen: Diese wären ein österreichisches Unikum und würden mangels internationaler Vergleichbarkeit die Mobilität der Studierenden und die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen bei Weiterbildungsangeboten behindern, so der Tenor.

Kritik an den Plänen von Bildungsminister Faßmann
Kritik an den Plänen von Bildungsminister Faßmann

Der Gesetzesentwurf von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sieht unter anderem vor, dass das System der (grundsätzlich kostenlosen) Grundbildung und der (meist kostenpflichtigen) Weiterbildung durchlässiger wird, indem man künftig etwa auch mit einem "Weiterbildungsbachelor" Zugang zu einem ordentlichen Masterstudium bzw. mit einem "Weiterbildungsmaster" zu einem PhD-Studium erhält. Zudem sollen die derzeit 60 bis 70 Titel auf sieben Bachelor- und Mastergrade reduziert werden.

Neu geplante Titel stoßen auf Ablehnung

Diese neu geplanten Titel werden allerdings in einer Vielzahl von Stellungnahmen abgelehnt, allen voran der "Bachelor of Continuing Education" bzw. "Master of Continuing Education": Die Arbeiterkammer (AK) befürchtet "negative Auswirkungen in Hinblick auf Vergleichbarkeit, Durchlässigkeit und Akzeptanz", auch die Wirtschaftskammer (WKÖ) pocht auf Vergleichbarkeit auf europäischer Ebene. Die Uni Wien "ersucht um kritisches Überdenken" einer rein österreichischen Sonderlösung, die Fachhochschulkonferenz befürchtet "einen schweren Nachteil für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort". Für den Rechnungshof (RH) wird seiner Forderung nach Titelklarheit "nur sehr bedingt Rechnung getragen". Für die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) ist der Nutzen international nicht vergleichbarer Titel zumindest "noch fraglich".

Überhaupt warnt die Wirtschaftskammer vor einer Zweiteilung des Hochschulangebots in öffentlich finanzierte ordentliche Studien und entgeltliche Weiterbildungsstudien, diese würde auch gesellschaftspolitisch nicht akzeptiert. Der ÖGB befürchtet in seiner Stellungnahme, dass Studierende ohne Hochschulreife damit in Richtung kostenpflichtiger Uni-Lehrgänge gedrängt werden könnten. Auch die ÖH betont, dass die Angleichung der Lehrgänge an ordentliche Studien zu keinem "bezahlten Parallelstudienangebot an Hochschulen" führen dürfe. Von den Senatsvorsitzenden der Unis wird "die damit verbundene Ungleichbehandlung von Studierenden" abgelehnt.

Für die Fachhochschulkonferenz (FHK) stehen Befürchtungen im Raum, dass sich die öffentliche Hand mit der Einführung kostenpflichtiger Weiterbildungsbachelors "aus der fachhochschulischen Ausbildung zurückziehen könnte". Sie zweifelt an, ob das neue Angebot notwendig sei - immerhin gebe es für Berufstätige bereits berufsbegleitende Fachhochschul-Bachelorstudiengänge. "Das wohl wirklich verbleibende Entscheidungskriterium", ob eine FH sich für die Einrichtung eines Studiengangs oder eines Lehrgangs entscheide, werde damit die Frage sein, ob es eine öffentliche Finanzierung gebe oder nicht.

Unis wehren sich gegen Beschneidung

Bei den geplanten neuen Quereinsteiger-Angeboten für Lehrer der allgemeinbildenden Fächer in der Sekundarstufe (etwa Mathe oder Geschichte in der Mittelschule, AHS oder BMHS) wehren sich die Unis dagegen, dass die Pädagogischen Hochschulen (PH) die entsprechenden Lehrgänge laut Gesetzesentwurf künftig ohne Einbindung der Unis anbieten dürften. Die Industriellenvereinigung fordert wiederum mit Blick auf die "wichtigen Impulse von außen", die Quereinsteiger mitbringen, einen nicht zu restriktiven Zugang zu dieser Ausbildung und wünscht sich ein derartiges Angebot auch für die Volksschulen. Die Bischofskonferenz wiederum möchte dieses Modell auch für Religionslehrer der Primarstufe (Sechs- bis Zehnjährige) etablieren, da es hier durch die Umstellung auf die Pädagoginnenbildung Neu bei allen anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften eine Mangel gebe.

Irritiert zeigen sich u.a. WKÖ, VSStÖ und auch das Finanzministerium über die ebenfalls in dem Gesetzespaket geplante Kürzung der Studienplätze für Pharmazie. Nachdem diese schon bisher nur zu knapp 80 Prozent belegt gewesen seien, sei nicht nachvollziehbar, wie die Kürzung zu besseren Betreuungsverhältnissen führen soll. Eine Verbesserung der Betreuungsrelation werde dadurch "nicht zwingend erreicht", moniert auch der Rechnungshof. Für die ÖH ist es "ganz klar die falsche Maßnahme", die Wirtschaftskammer sieht den Bedarf der Wirtschaft nicht berücksichtigt. Das Finanzministerium fordert das Bildungsressort außerdem mit Blick auf die geplante externe Qualitätssicherung, die neuen "Weiterbildungsbachelor" etc. auf, nochmals zu prüfen, ob mit den im Gesetzesentwurf "nicht doch finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte verbunden sind".

Die AK und der Verband Sozialistischer Studierender (VSStÖ) üben außerdem Kritik an der geplanten Verlängerung der bestehenden Zugangsbeschränkungen bis 2027. An den Medizin-Unis gebe es etwa immer weniger Studenten, deren Eltern keinen Hochschulabschluss haben, so die AK. Der VSStÖ findet die Kürzung zu Zeiten einer Pandemie "zynisch". Auch dass außeruniversitäre Rechtsträger bei Weiterbildungsstudien künftig inhaltlich mitbestimmen können sollen, lehnt die SPÖ-Studentenvertretung ab.

(APA/red, Foto: APA/GEORG HOCHMUTH)

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