Neue Seilbahn zum Sonnblick-Observatorium eröffnet

21. November 2018 - 11:41

Mehr als 60 Jahre lang wurde das Observatorium am Gipfel des Sonnblicks in den Hohen Tauern von einer kleinen, offenen Seilbahn versorgt. Die starke Anfälligkeit für Wind ließ aber oft keinen Betrieb zu. Seit wenigen Tagen überwindet nun eine neue Bahn die 1.500 Meter Höhenunterschied auf den Berg. Sie erleichtert nicht nur die Forschung, sondern bedeutet auch mehr Sicherheit für die Mitarbeiter.

Die Bahn überwindet 1.500 Meter Höhenunterschied auf den Berg
Die Bahn überwindet 1.500 Meter Höhenunterschied auf den Berg

Wer bisher nicht zu Fuß zur Station auf 3.106 Meter aufsteigen wollte, brauchte einiges an Mut. Mitarbeiter und Wissenschafter wurden vom Talschluss in einem luftigen "Kisterl" über die Nordwand zum Gipfel transportiert und mussten wie Proviant, Trinkwasser und Material festgezurrt werden. "Wir konnten mit der alten Seilbahn nur bis Böen von etwa 30 km/h fahren. Dadurch kam es immer wieder zu Stehzeiten. Forschungsgruppen mussten bei starkem Wind oft Tage im Tal warten", sagte die Leiterin des Sonnblick-Observatoriums, Elke Ludewig, bei der Eröffnung der neuen Seilbahn.

Erhöhte Planbarkeit

Durch die erhöhte Planbarkeit werde man in Zukunft mehr Anfragen von Wissenschaftern bedienen können. Auch die Wartung der teuren und hochsensiblen Messgeräte werde vereinfacht. Für Ludewig war die Erneuerung in erster Linie aber eine Sicherheitsangelegenheit. "Ich habe als Chefin die Personalverantwortung. Wir können nun bei medizinischen Notfällen viel schneller helfen." Bei extremem Wind könne freilich auch die neue Bahn nicht fahren.

Die neue Anlage der Firma Doppelmayr ist für Windspitzen bis zu 80 km/h zugelassen und überwindet die mehr als 3.000 Meter Seilstrang fast doppelt so schnell wie die alte Seilbahn. Während früher selten mehr als eine Person auf den Berg gebracht werden konnte, haben in der neuen geschlossenen Gondel sechs Menschen Platz. Die 3,9 Millionen Euro teure Anlage wurde fast zur Gänze vom Wissenschaftsministerium bezahlt. "Die Seilbahn trägt dazu bei, diesen international herausragenden Forschungsstandort weiter zu stärken", sagte Wissenschaftsminister Heinz Faßmann.

Das Observatorium auf dem Sonnblick liefert seit 132 Jahren durchgehend Daten und ist damit weltweit die Wetterstation mit der längsten laufenden Messreihe. Nur an vier Tagen unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkriegs fielen die Beobachtungen aus. Heute versehen mindestens zwei Techniker ständig Dienst in der Forschungsstation. Sie liefern meteorologische Daten für die Wettervorhersage oder das Flugwetter, versorgen Lawinenwarndienste mit Informationen, betreuen Messgeräte und befreien Instrumente von Reif, wenn diese zu vereisen drohen. Und sie machen etwas, was Automaten nicht können. Sie beobachten das Wetter zusätzlich mit dem freien Auge.

Sensible Instrumente

Während ähnliche Observatorien wie am Jungfraujoch in der Schweiz oder auf der Zugspitze in Deutschland jährlich von Touristen überströmt werden, was Messergebnisse beeinflusst, ist es am Sonnblick deutlich einsamer - auch wenn an schönen Frühjahrstagen schon einmal 100 Skitourengeher gleichzeitig am Gipfel sitzen. Die Instrumente sind heute so sensibel, dass die Geräte schon den Rauch einer Zigarette, einen Arbeiter mit einer Flex oder angebranntes Essen in der Küche registrieren - geschweige denn einen Hubschrauber, der über den Gipfel fliegt. "Das sind Ereignisse, die Messergebnisse verfälschen und die aus den Messreihen herausgerechnet werden müssen", erklärte ein Mitarbeiter.

Aktuell laufen in der Station mehr als 40 nationale und internationale Projekte. Das Sonnblick-Observatorium ist Teil der weltweit wichtigsten Messnetze für Atmosphäre, Umwelt und Eis. Instrumente erfassen etwa Anteil und Größe von Staubpartikel in der Luft, beobachten Luftschadstoffe wie Stickoxide, Ozon, Kohlendioxid und andere Treibhausgase, messen Radioaktivität und UV-Strahlung. Dazu kommen chemische Analysen von Schnee, Wasser und Eis. Seit kurzem läuft ein neues Projekt zu Steinschlagmonitoring - und für den deutschen Alpenverein wird Bergausrüstung für Materialanalysen über Jahre Wind und Wetter ausgeliefert.

Eigentümer des 1886 errichteten Observatoriums ist der Sonnblick Verein. Betrieben wird das Observatorium von der ZAMG. In den vergangenen Jahren wurde viel Geld in die Stabilisierung des zerbröckelnden Gipfels gesteckt, das Land Salzburg hat kürzlich ein neues Notstromaggregat beigesteuert. Nach der Erneuerung der Seilbahn steht nun noch eine größere Investition an: Das 80-kV-Kabel, das die Forschungsstation mit Strom versorgt, muss dringend erneuert werden.

(APA/red, Foto: APA/APA/ZAMG/Sonnblickobservatorium/)

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