Neue Methode zur Sepsis-Früherkennung entwickelt

21. April 2020 - 9:05

Die Sepsis ist noch immer eine häufige Komplikation bei Infektionen, die zu den Haupt-Todesursachen in Krankenhäusern zählt. Eine Methode, die eine Sepsis - etwa bei Intensivpatienten - bereits zwei bis drei Tage vor dem Auftreten erster klinischer Symptome erkennen kann, haben Grazer Forscher entwickelt und in zwei Publikationen im "Journal of Biotechnology" veröffentlicht.

Grazer Team entwickelte neue Form eines quantitativen Echtzeit-PCR-Tests
Grazer Team entwickelte neue Form eines quantitativen Echtzeit-PCR-Tests

Eine Sepsis - landläufig auch als "Blutvergiftung" bezeichnet - ist hoch gefährlich, vor allem, wenn diese schwere Komplikation einer Infektionserkrankung bei Intensivpatienten auftritt. Rund jeder dritte Betroffene verstirbt trotz Therapie an dieser Erkrankung, die durch eine fehlgesteuerte Antwort des Körpers auf die Infektionen hervorgerufen wird. Wenn der lebensgefährdende beginnende Zusammenbruch des Immunsystems früher erkannt werden könnte, würde das wesentlich zum Erfolg der Behandlung beitragen. Forscher versuchen daher im Körper Marker für eine frühere Diagnose zu finden.

24 Biomarker identifiziert

Gelungen ist das jetzt den Forschenden des Instituts für Computational Biotechnology der TU Graz, des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib), der Med-Uni Graz und der CNA Diagnostics GmbH in Grambach bei Graz, wie die TU mitteilte. "Unser Team hat 24 Biomarker identifiziert, mit welchen eine bakterielle oder durch Pilze hervorgerufene Sepsis mittels Klassifizierungsalgorithmen in einem früheren Stadium als bisher nachgewiesen werden können", hielt Christoph W. Sensen, der Leiter des Instituts für Computational Biotechnology, fest.

Die Grazer Bioinformatiker konnten auf Plasmaproben zurückgreifen, die von den Arbeitsgruppen des Grazer Infektiologen Robert Krause und Peter Neumeister von der Med-Uni Graz zur Verfügung gestellt wurden. Sie umfassten Material von Patienten, bei denen eine Sepsis durch Bakterien oder Pilze, eine Influenza oder ein Lymphom diagnostiziert wurde, ebenso wie von gesunden Personen. Auf dieser Basis entwickelten die Forscher Algorithmen, mit denen die körpereigenen Signale (Biomarker) ausgehoben werden konnten. Die Marker basieren auf im Blut zirkulierenden, zellfreier DNA (CfDNA).

"Dieser Datensatz kann Personen im frühen Sepsis-Stadium und solche mit ersten klinischen Anzeichen von gesunden Personen und von Personen mit anderen Krankheiten unterscheiden", hielt Sensen fest. "Innerhalb der Patientengruppe, für die die Marker entwickelt wurden, betrug die Diagnosegenauigkeit knapp 90 Prozent im Zeitraum von zwei Tagen vor den ersten klinischen Anzeichen bis zwei Tagen nach der Diagnose mit den Standardmethoden", führte Sensen weiter aus. In weiteren Blindstudien mit Patientengruppen, die nicht in die Markerentwicklung einbezogen wurden, habe man eine Genauigkeit bis zu 81 Prozent erreicht.

Neuer quantitativer Echtzeit-PCR-Test

Gleichzeitig entwickelte das Team eine neue Form eines quantitativen Echtzeit-PCR-Tests. Durch das bisherige, auf die Polymerase-Kettenreaktion basierende Verfahren zur Vervielfältigung von Nukleinsäure kann die DNA oder RNA eines Infektionserregers in einer Blut-, Plasma- oder Serumprobe vervielfältigt werden, wodurch sich Bakterien oder Pilze direkt nachweisen lassen. Durch die Vielzahl möglicher Erregerspezies ist dies allerdings nur sehr eingeschränkt möglich und daher mitunter sehr ungenau.

Der neu entwickelte "wirtsbasierte" Test soll sich hingegen laut der Grazer Gruppe auf die körpereigenen Signale konzentrieren. Diese seien aus Sicht der Forscher um einiges genauer und früher messbar, als es der direkte Nachweis von Erregern erlaube. Sensen hofft, dass die Tests bald großflächig zum Einsatz kommen. Eine Zulassung für die Vereinigten Staaten sei bereits beantragt worden, die Arbeiten für die Zulassung in Europa wurden bereits aufgenommen, teilte die TU Graz mit.

"Die Entwicklung von schnellen und effizienten diagnostischen Verfahren, wie die hier vorgestellte Methode zur Früherkennung von Sepsis, ist ein neues Feld innerhalb von acib, das wir in der aktuellen Förderphase unseres Kompetenzzentrums aufbauen. Wir freuen uns, dass diese Arbeiten so schnell in die Phase der klinischen Versuche gelangt sind", kommentierte der wissenschaftliche Leiter des acib, Bernd Nidetzky.

Service: E. Ulrich, P. Heidinger, J. Soh, Ch. Sensen et al.: "Evaluation of host-based molecular markers for the early detection of human sepsis", Journal of Biotechnology 2020, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0168165620300158# , S. Grabuschnig, J. Soh, P. Heidinger, Ch. Sensen et al.: "Circulating cell-free DNA is predominantly composed of retrotransposable elements and non-telomeric satellite DNA", Journal of Biotechnology 2020, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/32165241

(APA/red, Foto: APA/APA (TU GRAZ/HELMUT LUNGHAMMER))

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