Neue Linzer TU soll bis 2024 Tore öffnen

13. Oktober 2020 - 12:23

International und "not more of the same" soll die geplante Technische Universität (TU) für Digitalisierung in Oberösterreich werden. Details stehen noch nicht fest, aber das Ziel: Noch in dieser Legislaturperiode sollen die ersten Studenten "die Uni betreten", so Bildungsminister Heinz Faßmann. Bundeskanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) betonte, dass das - noch nicht näher bezifferte - Budget nicht zulasten der anderen Unis gehen werde.

Faßmann: "Money follows structure"
Faßmann: "Money follows structure"

Ende August wurden die Pläne publik, jetzt haben Faßmann und Kurz in einer Pressekonferenz mit Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und dem Rektor der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU), Meinhard Lukas, in Linz einen ersten Fahrplan präsentiert. Der Mathematiker Bruno Buchberger (77), Gründer des Softwareparks Hagenberg, hat in einem Papier seine Vorstellungen dargelegt und diesen Text mit den Worten "Not more of the same" begonnen, so Kurz. Das will man offenbar als Motto nehmen: So steht etwa im Raum, dass die Universität einen ganz neuen rechtlichen Rahmen bekommt.

Man wolle internationale Strahlkraft; Studierende und Forschende aus aller Welt sollen angesprochen werden. Daher wird die Arbeitssprache wohl auch Englisch sein. Dementsprechend antwortete Faßmann auf die Frage nach dem Budget mit "Money follows structure". Sein Plan: "Wir konzipieren zuerst, dann werden die Ressourcen berechnet." Kurz betonte allerdings, dass die neue TU budgetär nicht zulasten der bestehenden Unis gehen werde, sondern das Geld "on top" draufkomme.

Vorbereitungsgruppe klärt Finanzierung und Studienarchitektur

Nun soll eine Vorbereitungsgruppe mit Mitgliedern aus Politik, Wissenschaft und Industrie sowie der Ars Electronica die harten Eckpunkte - Standort, Name, Kapazität, Finanzierung, aber auch die Studienarchitektur und den rechtlichen Rahmen - klären. Sie soll ihre Ergebnisse dann einem Gründungskonvent vorlegen, der im Wintersemester 2021 tätig werden könnte. Ziel sei, dass noch in dieser Legislaturperiode (des Bundes, Anm.) Studierende "die Uni betreten", wie Faßmann sagte.

Dass Teile bestehender Unis - etwa die technisch-naturwissenschaftliche Fakultät der JKU - den Nukleus der neuen Uni bilden könnten, sei "eine interessante Option", so Faßmann. Fix ist aber, dass es sich um eine Neugründung handeln soll und nicht nur um eine neue Fakultät. Die Frage des Standorts ist ebenfalls noch offen, als Favorit gilt Linz, allerdings hatte auch Wels zuletzt Interesse angemeldet.

In Linz gibt es bereits die Johannes Kepler Universität (JKU). Sie bekam 2014 eine medizinische Fakultät dazu, hat aber traditionell einen starken technischen Fokus, der zuletzt u.a. mit dem Linz Institute of Technology (LIT) noch geschärft wurde. Unweit von Linz liegt der FH-Campus Hagenberg mit den Schwerpunkten Informatik, Kommunikation und Medien.

Die letzten öffentlichen Uni-Neugründungen betrafen 2004 die Medizinischen Universitäten in Wien, Innsbruck und Graz, die aus ihren jeweiligen Stammunis ausgegliedert wurden. Davor wurde 1995 die Donau-Universität Krems eröffnet.

Für uniko haben sich "Nebel etwas gelichtet"

Nach der Präsentation eines ersten Fahrplans zur Gründung der TU in Oberösterreich haben sich für die Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko), Sabine Seidler, "die Nebel etwas gelichtet". Die uniko stehe der geplanten Neugründung grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, betonte sie, Nachsatz: "Sofern die skizzierten Rahmenbedingungen auch tatsächlich verwirklicht werden."

Für sie ist vor allem von Bedeutung, dass die Finanzierung nicht zulasten der übrigen Universitäten gehen soll. Und es sei zu begrüßen, dass die uniko mit drei Mitgliedern (Seidler, JKU-Rektor Meinhard Lukas und die Linzer Kunstuni-Rektorin Brigitte Hütter) in der von Wissenschaftsminister Heinz Faßmann und LH Thomas Stelzer (beide ÖVP) geleiteten Vorbereitungsgruppe mitwirken könne. Seidler betonte, sie stimme mit Faßmann überein, dass die künftige Universität "etwas radikal Neues" sein sollte. "Das kann im besten Fall ein Pilotprojekt für eine Weiterentwicklung des Universitätsgesetzes sein", so die uniko-Präsidentin.

SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl kritisierte, dass eine neue Universität mit sehr hohen administrativen Kosten verbunden sei. Das Geld könne in bestehenden Einrichtungen effizienter eingesetzt werden, findet sie. "Die Gründung einer Universität darf kein Selbstzweck oder Wahlkampfzuckerl für die nächstjährige Wahl in Oberösterreich sein." Das Problem sei nicht, dass Österreich zu wenige Universitäten habe, sondern, dass diese nicht ausreichend finanziert seien, so Kuntzl. Auch für SPÖ-Forschungssprecherin Sonja Hammerschmid ist die Entscheidung für eine Neugründung nicht nachvollziehbar. Ohne Finanzierungskonzept für die Forschung sehe sie das Projekt kritisch.

Grüne und NEOS prinzipiell dafür

Die Grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger zeigte sich zwar zufrieden, dass die Finanzierung nicht zulasten anderer Unis gehen solle, "sie sollte aber auch nicht zulasten der Wissenschaft und Forschung sowie der mit einem Wachstumspfad angepeilten Exzellenzinitiative gehen", mahnte sie. Inhaltlich dürfe man sich nicht nur auf technologische Aspekte konzentrieren, vielmehr gehe es um "ökologische, soziale und kulturelle Innovation, um Aufklärung und Bildung, jedenfalls um ein besseres, gerechteres Leben durch Digitalisierung, nicht zuletzt angesichts der Klimakrise", so Blimlinger. Sie hält es für erforderlich, bereits jetzt internationale Experten einzubinden und - vor dem Hintergrund der angepeilten internationalen Ausrichtung - die Aufenthalts- und Visabestimmungen "wesentlich zu verbessern". Die oberösterreichischen Grünen wollen die neue TU ebenfalls als "Innovationsmotor für eine klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft" positionieren und pochen auf eine rasche Standortentscheidung. Sie präferieren den bestehenden Campus der JKU.

NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre hätte sich zuerst eine bundesweite Evaluierung gewünscht: "Bei einem solchen Großprojekt sollten jedenfalls ein transparenter Bewerbungsprozess und eine Einbindung der wesentlichen Stakeholder im Universitäts- und Wissenschaftsbereich am Anfang stehen." Der oberösterreichische NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer befürwortet die Pläne zwar prinzipiell, konnte aber in der Präsentation am Dienstag "nur Show in Hinblick auf die anstehende Landtagswahl" erkennen. Weder seien Kosten bekannt, noch der Standort oder Details zu den inhaltlichen Schwerpunkten.

Der Vorsitzende des oberösterreichischen Städtebundes, der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ), kritisierte, dass nach wie vor beinahe alles unklar sei. "Die Ankündigungspolitik steht bislang leider im Vordergrund." Er pochte darauf, dass nun Sozialpartner sowie Gemeinde- und Städtebund eingebunden werden. Luger warnte vor einem "ressourcenvernichtenden Wettbewerb" möglicher Standorte - hält aber Linz für den geeignetsten. Zuletzt hatte sich auch Wels ins Spiel gebracht, Steyr und Leonding hatten sich ebenfalls interessiert gezeigt.

Für die Präsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Doris Hummer, ist es "höchst erfreulich", dass bei der Realisierung jetzt Tempo gemacht werde. "Diese Technische Universität ist nicht nur wichtig für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort, sondern auch für Wertschöpfung, Produktivität, Innovationsfähigkeit und Internationalisierung - mit einer Strahlkraft über Oberösterreich und Österreich hinaus", so Hummer.

(APA/red, Foto: APA/APA (Fohringer))

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