Neandertaler konnten tief atmen - aber weniger zubeißen als gedacht

4. April 2018 - 13:21

Neandertaler konnten sehr tief Luft holen, aber nicht ganz so kräftig zubeißen wie bisher vermutet: Das haben Computersimulationen der Schädelmuskulatur von Neandertalern im Vergleich zum modernen Menschen und dem Frühmenschen Homo heidelbergensis ergeben. Die Studie wird im Fachjournal "Proceedings B" der britischen Royal Society vorgestellt.

Neandertaler konnten höheren Sauerstoffgehalt aufnehmen
Neandertaler konnten höheren Sauerstoffgehalt aufnehmen

In der Untersuchung ging es um die deutlichen Formunterschiede der Gesichter von Neandertalern und modernen Menschen. Die Annahme, dass die Neandertaler mit ihren kräftigen Kiefern und vergleichsweise breiten Nasenlöchern und Nasen besondere Bisskraft hatten, ließ sich dabei nicht bestätigen. Die Druckmodelle am Rechner zeigten jedenfalls keine signifikanten Unterschiede. Wissenschafter waren zuvor davon ausgegangen, dass Neandertaler besonders kräftig zubeißen konnten, da vor allem Vorderzähne bei erwachsenen Neandertalern starke Abnutzungserscheinungen aufwiesen.

Dagegen zeigten die Simulationen, dass die Neandertaler erheblich mehr Luft beim Atmen aufnehmen konnten. Bei ihren Untersuchungen verglichen die Wissenschafter Strömungsberechnungen zur Atemluft von Neandertalern, aber auch modernen Menschen aus verschiedenen Klimaregionen - Inuit ebenso wie Menschen aus tropischen Regionen. "Wenn ein Neandertaler eingeatmet hat, konnte er ein wesentlich größeres Luftvolumen einatmen", sagte Ottmar Kullmer vom Senckenberg Institut für Naturforschung in Frankfurt, zu dessen Forschungsschwerpunkten die Evolution des Menschen gehört.

Mehr Luft mit weniger Atemzügen

"Damit konnte er einen höheren Sauerstoffgehalt aufnehmen - und das kommt der Muskulatur zugute, zumal bei körperlichen Aktivitäten wie der Jagd." Auch der Homo heidelbergensis, so ergaben die Berechnungen, konnte mehr Luft einatmen als der moderne Mensch. "Aber der Neandertaler konnte noch mal mehr Luft einatmen mit weniger Atemzügen."

Die körperlich gedrungenen, sehr muskulösen Neandertaler hätten für die Jagd einen hohen Energiebedarf gehabt, der so gesichert werden konnte. Berechnungen gehen von einem täglichen Kalorienbedarf von 3.360 bis 4.480 Kalorien bei den Neandertalern aus - gerade in den nördlichen, kühleren Gebieten. Auch eine Anpassung an kalte Witterungsverhältnisse durch eine schnellere Erwärmung der eingeatmeten Luft ließ sich mit den Computerberechnungen bestätigen.

Service: Fachartikelnummer DOI: 10.1098/rspb.2018.0085

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP/Stephane de Sakutin))

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