Nationalrat: Volksschul-Kopftuchverbot und Herbstferien fixiert

16. Mai 2019 - 9:42

Der Nationalrat hat ein Kopftuchverbot für Volksschulkinder beschlossen. Für die Neuregelung stimmten ÖVP, FPÖ und zwei Abgeordnete der Liste JETZT. Da so kein Verfassungsgesetz zustande kam, sind Beschwerden gegen das Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof wahrscheinlich, wie auch die ÖVP eingestand. Zudem wurden die Neugestaltung des Bildungsforschungsinstituts und die Herbstferien fixiert.

Verfassungsgesetz kam allerdings keines zustande
Verfassungsgesetz kam allerdings keines zustande

Mit dem Kopftuchverbot wird "das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist", untersagt. Ausgenommen sind folgerichtig Verbände aus medizinischen Gründen bzw. Kopfbedeckungen aus Witterungsgründen. Dass die jüdische Kippa und die Patka der Sikhs nicht gemeint sind, soll dadurch klar gestellt werden, dass es um Kleidungsstücke geht, "welche das gesamte Haupthaar oder große Teile dessen verhüllen".

Kritik an Einzelmaßnahme

Seitens der SPÖ meinte die frühere Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, dass das Verbot als Einzelmaßnahme nicht zielführend sei. Denn nach der Schule würden die Mädchen das Kopftuch wieder aufsetzen. Letztlich gehe es der Koalition aber ohnehin nur um die Schlagzeile, ortete Hammerschmid Verlogenheit von ÖVP und FPÖ. Sinnvoll wäre nämlich, Geld für Psychologen, Sozialarbeiter sowie Integrations- und Deutschpädagogen in die Hand zu nehmen.

Für NEOS-Mandatarin Irmgard Griss stellt sich die Frage, ob der Schaden durch das Verbot nicht größer sei als der Vorteil. So würden Mädchen in österreichischen Volksschulen dafür verantwortlich gemacht, dass autoritäre Regime wie der Iran oder Saudiarabien Frauen unterdrücken. Zudem gebe es keine Evidenz, dass Mädchen mit Kopftuch weniger leicht lernen.

Ginge es nach JETZT-Bildungssprecherin Stephanie Cox, sollten die Schulen überhaupt religionsfreie Räume werden. Nur weil man etwas nicht dürfe, lerne man nicht daraus, sieht sie wie Hammerschmid eine populistische Einzelmaßnahme gegen eine religiöse Minderheit.

Einstehen für die Aufklärung

Dass es sich um Symbolpolitik handle, wurde von der Koalition gar nicht bestritten. Seitens der ÖVP nannte ihr Mandatar Rudolf Taschner das Kinderkopftuch ein politisches Symbol der Unterdrückung. Es gehe darum den Kopf frei zu halten und die Mädchen von der Zumutung einer Unterwerfung zu befreien. Den Populismusvorwurf wies Taschner zurück: "Das Einstehen für die Aufklärung ist gar nicht populistisch."

FPÖ-Bildungssprecher Wendelin Mölzer sah in manchen Redebeiträgen wie jenem von Griss eine Elfenbeinturm-Perspektive fernab der Realitäten. Es gehe jedoch darum, ein Signal gegen den politischen Islam zu setzen. Das Kopftuch werde verboten, damit sich Mädchen integrieren können. Unterrichtsminister Heinz Faßmann (ÖVP) meldete sich in der Debatte nicht zu Wort.

Neben der Koalition stimmten auch zwei Abgeordnete der Liste JETZT für das Kopftuchverbot, nämlich Parteigründer Peter Pilz und die ehemalige SPÖ-Mandatarin Daniela Holzinger-Vogtenhuber. Letztere hatte in der Debatte zwar den Vorschlag der Koalition als unzureichend bezeichnet. Zustimmung kam letztlich trotzdem.

Am Rande der Abstimmung kam es auch auf der Besuchergalerie zu Unmut. Dort folgte eine Gruppe Jugendlicher, darunter einige junge Frauen mit Kopfbedeckung ruhig der Debatte. Als sich eine größere Gruppe Securitys hinter ihnen postierte, waren einige Diskussionen die Folge.

Bildungsinstitut wird Ministerium unterstellt

Der Nationalrat hat in seiner Plenarsitzung auch das Bildungsforschungsinstitut BIFIE neu gestaltet. Nicht nur wird es in IQS unbenannt, sondern auch von einer eigenständigen Einrichtung zu einer nachgeordneten Dienststelle des Bildungsministeriums.

Das Bifie führt derzeit unter anderem internationale Studien wie PISA sowie nationale Erhebungen wie die Bildungsstandards durch und erstellt die nationalen Bildungsberichte. SPÖ und NEOS fürchten, dass die Aktivitäten des Instituts mit der Neuorganisation nicht mehr entsprechend frei sind.

So meinte SP-Mandatarin Katharina Kucharowits, dass die Wissenschaft unter Aufsicht gestellt werde. Ebenso sieht es Douglas Hoyos von den NEOS. Es gehe einzig darum, die Qualitätssicherung in den Bereich des Ministers zu holen. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) betonte im Gegenzug, dass das BIFIE immer eindeutig dem Ministerium zugeordnet und zum aller größten Teil von diesem finanziert war. Trotzdem stimmte auch JETZT gegen das Gesetz.

Ebenfalls befürwortet wurde (mit Koalitionsmehrheit) eine Vorlage, wonach Lehrkräfte, die eine universitäre Lehramtsausbildung nach altem Studienplan abgeschlossen haben, regulär an Mittelschulen und Polytechnische Schulen angestellt werden können. Bisher war dies nur über einen Sondervertrag möglich, was dienstrechtliche Nachteile nach sich zog.

Herbstferien einstimmig beschlossen

Einstimmig beschlossen wurden im Nationalrat Herbstferien. Sie werden ab kommendem Jahr zwischen dem Nationalfeiertag und Allerheiligen stattfinden.

Damit sich die Zahl der Schultage nicht reduziert, sind die Dienstage nach Ostern und Pfingsten nicht mehr frei. Zudem wird die Zahl der schulautonomen Tage reduziert.

(APA/red, Foto: APA/APA (Keystone/Kefalas))

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