Mückstein hält an gelockerten Quarantäne-Regelungen fest

12. Januar 2022 - 9:41

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hält an den seit Freitag gelockerten Quarantäne-Bestimmungen fest. Auch die vom IHS kritisierte komplette Ausnahme für dreifach Geimpfte soll bleiben. Diese Personengruppe sei die am besten geschützte, sagte Mückstein in einem Hintergrundgespräch. IHS-Gesundheitsökonom Thomas Czypionka hatte zuvor erklärt, die Regelung sei für das Ziel der Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur "kaum sinnvoll".

Mückstein will kritische Infrastruktur schützen
Mückstein will kritische Infrastruktur schützen

Laut Gesundheitsminister Mückstein bleibt es aber fix bei den am letzten Freitag in Kraft getretenen Regeln. Man müsse - um die kritische Infrastruktur aufrecht zu erhalten (und zu vermeiden, dass zu viele Personen aus dem Arbeitsprozess ausfallen, Anm.) - bei derjenigen Gruppe beginnen, die relativ gesehen am sichersten ist, erklärte Mückstein. Würde man diese auch weiterhin ins Kontaktpersonenmanagement miteinbeziehen, würde das außerdem die Contact Tracer schon alleine wegen der schieren Masse an zu erwartenden Fällen überfordern.

Derzeit sind laut dem Gesundheitsminister bereits rund 46 Prozent der impfbaren Bevölkerung in Österreich geboostert. Man habe diese jetzt aus der Quarantäne herausgenommen und werde nun schauen, wie dies funktioniere. Den Vorschlag von Czypionka, erst tätig zu werden, wenn wegen zu vielen Menschen in Quarantäne tatsächlich Personal-Ausfälle auftreten, hält Mückstein für einen falschen Weg.

Kaum Spielraum für Individualentscheidungen

Österreichs oberste Gesundheitsbeamtin und Leiterin der Gecko-Kommission Katharina Reich verwies im Hintergrundgespräch auch darauf, dass es organisatorisch nicht zu schaffen wären, generell Individualentscheidungen bei der Quarantäne für dreifach Geimpfte vorzusehen. Bei Sondersituationen müsse es aber ohnehin immer individuelle Entscheidungen geben. Sie verwies auch auf die Expertengremien, die die Lockerungen freigegeben haben - die Entscheidung sei gut abgesichert.

Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) hatte zuvor im APA-Interview erklärt, Lockerungen für "Geboosterte" würden für ihn nur in bestimmten Ausnahmefällen Sinn machen. Dass dies nun aber generell für alle dreifach Immunisierten gilt, sei sogar kontraproduktiv. Denn auch für das Ziel, die kritische Infrastruktur aufrechtzuerhalten, müsse man alles daran setzen, die Welle insgesamt abzuflachen. Relevant sei das auch abseits der Krankenhauseinweisungen. Denn man wisse, dass ungefähr die Hälfte der mit dem Virus Infizierten Symptome entwickeln, diese krank werden und zumindest ein paar Tage ausfallen. Auch betonte Czypionka, dass auch dreifach Geimpfte sehr wohl (wenn auch weniger als Ungeimpfte) das Virus weitertragen können. "Das was jetzt gemacht wird, macht vor allem jetzt am Anfang keinen Sinn. Man befeuert hingegen das, was man verhindern will."

Ebenso kritisch sieht der Experte die Regel, wonach man nun auch dann nicht als Kontaktperson gilt, wenn sowohl der Betroffene selbst als auch der Infizierte eine FFP2-Maske getragen haben - denn diese könnten das (gegenüber den Gesundheitsbehörden, Anm.) auch einfach behaupten, um der Quarantäne zu entgehen.

Kontaktpersonen-Regeln entsprechen nicht mehr dem letzten Stand

Außerdem verwies der Experte darauf, dass die Kontaktpersonen-Regeln schon lange nicht mehr dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Es sei "spätestens seit Delta, wenn nicht schon vorher" unbestritten, dass das Corona-Virus über die Luft übertragbar ist (nämlich über Aerosole). Die Vorgabe, dass man nur dann als Kontaktperson gilt, wenn man länger als 15 Minuten unter zwei Metern mit einer infizierten Person direkten Kontakt hatte, ignoriere diese Tatsache.

Entgegen dem aktuell vorherrschenden Narrativ der Politik sei auch die Omikron-Welle "nicht unaufhaltbar", sagte er darüber hinaus. Der Experte verwies darauf, dass das Virus entgegen der ursprünglichen Annahme nicht infektiöser ist als jenes der Delta-Variante. Vielmehr dürfte neben dem Immune-Escape in erster Linie das serielle Intervall zwischen zwei Infektionen kürzer sein. Dies sei auch der Grund für die raschere Verbreitung.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das, dass ein Infizierter das Virus rascher weitergeben kann als bei Delta, weil er nach der Ansteckung schneller infektiös wird. Damit könne eine Person in einem Raum aber nicht mehr Personen anstecken als bei vorangegangen Wellen, die Variante sei nicht besser übertragbar.

Maßnahmen helfen

Gleichzeitig bedeute das aber, dass die gleichen Maßnahmen, die schon in vorangegangenen Wellen geholfen haben, auch bei Omikron helfen. Kontaktbeschränkungen könnten sogar besser wirken, so Czypionka. Denn nach den jüngsten Erkenntnissen dürften Infizierte zwar rascher infektiös werden - diese Infektiosität aber rascher verlieren als bei früheren Varianten. Das heißt, es würde ausreichen, infizierte Personen (wie beschlossen) kürzer in Quarantäne zu schicken - aber auch, dass ein kurzer harter Lockdown deutlich besser wirken würde als etwa in der Delta-Welle. Der Grund dafür ist, dass etwa ein 14-tägiger Lockdown in den meisten Fällen länger dauern würde als die Infektiosität von mit Omikron Infizierten.

"Der Fatalismus ist unangebracht", sagte Czypionka zu Aussagen, man könne die Welle nicht aufhalten. Vor allem "nach allem, was wir schon erbracht haben und wo wir jetzt stehen".

Damit verwies der Experte auf ein Phänomen, das auch der Berliner Virologe Christian Drosten in seinem jüngsten Podcast (http://go.apa.at/rrP8l9Ka) thematisierte. Auch er berichtete von Hinweisen darauf, dass die Generationszeit bei Omikron etwas kürzer ist. "Wenn das aber so ist und wie gesagt, es gibt dezente Hinweise darauf, dann wäre der R-Wert dieses Virus eigentlich kleiner und damit sind die Kontrollmaßnahmen effektiver", sagte Drosten.

Czypionka merkte auch an, dass (anders als von manchen vermittelt) die Pandemie nach Durchlaufen der Omikron-Welle keineswegs beendet sein wird. Denn in jeder Welle werde nur ein Teil der Bevölkerung infiziert, bevor sie wieder zurückgeht. Grund dafür sei, dass sich immer nur gewisse "Netzwerke" anstecken - vereinfacht gesagt entstehen mehrere sehr große Cluster, in denen dann irgendwann die Infektion "ausbrennt". Damit bleiben aber nach jeder Welle ausreichend Immun-Naive übrig, die für weitere Wellen sorgen können - ganz abgesehen davon, dass auch Infizierte nach einer gewissen Zeit wieder ansteckbar sind.

(APA/red, Foto: APA/APA/HANS PUNZ/HANS PUNZ)

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