Mikroben machen Kosten-Nutzen-Rechnung zu Kohlenstoff-Verarbeitung

28. Juli 2020 - 10:41

Ob Kohlenstoff über mitunter viele Jahrhunderte im Boden verbleibt oder von Mikroorganismen zersetzt wird und so wieder relativ rasch in die Atmosphäre gelangt, ist eine komplexe Angelegenheit. Nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels werden Fragen dazu virulenter. Ein Wissenschafterteam zeigt nun, dass vieles von der Verfügbarkeit abhängt und auch Mikroben Kosten-Nutzen-Überlegungen anstellen.

Komplexe Wechselbeziehungen in der Erde
Komplexe Wechselbeziehungen in der Erde

In den Böden sind ungeheure Mengen an Kohlenstoff gebunden - geschätzt die rund dreifache Menge wie in der Atmosphäre. Angesichts des Treibhauseffekts ist das Interesse dementsprechend groß, dass sich dieses Verhältnis nicht allzu weit verschiebt, was etwa im Zuge des zunehmenden Tauens von Permafrostböden durchaus ein Stück wahrscheinlicher geworden ist. Was nun dazu führt, dass Kohlenstoff in Form von Biomasse möglicherweise sehr lange im Boden verbleibt oder aber sich Mikroorganismen darauf stürzen und das Abbauprodukt CO2 wieder in die Luft gelangt, hat ein internationales Wissenschafterteam mit Beteiligung von Christina Kaiser von der Universität Wien zusammengefasst.

Die Bodenwissenschafter bzw. Mathematiker um Johannes Lehmann von der Cornell Universität (USA) stellen in einem Beitrag im Fachblatt "Nature Geosciences" ihr neues Modell dazu vor: "Wie viel Kohlenstoff von Mikroorganismen abgebaut oder in langfristig speicherbare Biomasse umgewandelt wird, hängt demnach nicht nur davon ab, wie viel Kohlenstoff und wie viel Mikroorganismen sich in Summe im Boden befinden, sondern auch sehr stark von der Wahrscheinlichkeit, ob sich ein Mikroorganismus und eine organische Kohlenstoffverbindung auf der mikroskopisch kleinen Skala im Boden überhaupt treffen". Das erklärte Ingrid Kögel-Knabner von der Technischen Universität München (TUM) in einer gemeinsamen Aussendung der TUM und der Uni Wien. Sind also Mikroorganismen und der Kohlenstoff in der Erde nicht am gleichen Fleck konzentriert, bleibt tendenziell mehr davon auch liegen.

Angebot an toter Biomasse entscheidend

Als weiteren entscheidenden Punkt sehen die Wissenschafter das Angebot an toter Biomasse in unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung. Hier komme zum Tragen, dass die Kleinstlebewesen zum Verwerten verschiedener Verbindungen auch unterschiedliche Werkzeuge in Form von maßgeschneiderten Enzymen benötigen. Ob es sich für die Organismen sozusagen auszahlt, diese herzustellen und in Stellung zu bringen, hängt wiederum von der vorhandenen Menge der Molekülarten ab. Ist diese zu gering, zahlt sich der Aufwand zur Produktion verschiedener Enzyme nicht aus und es bleibt mehr Kohlenstoff länger im Boden zurück.

Schließen sich jedoch verschiedene Mikroorganismen selbstorganisiert zusammen, könne diese Kosten-Nutzen-Rechnung auch anders ausgehen. "Diese sozialen Interaktionen der Bodenmikroorganismen beeinflussen das ganze System und damit auch die Stoffkreisläufe im Boden", sagte Kaiser. Die Wissenschafter hoffen, dass ihr neues Konzept dazu beitragen wird, die Abläufe im Boden besser zu verstehen und Auswirkungen auf die Klimavorhersagemodelle zu verbessern.

Service: https://dx.doi.org/10.1038/s41561-020-0612-3

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP))

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