30.7.2024, 10:06 Uhr

Menschen kooperieren lieber mit ähnlich sprechenden Personen

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Menschen kooperieren lieber mit Personen, die ähnliche sprachliche Formulierungen verwenden. Das zeigen Wissenschafterinnen und Wissenschafter der Universität Wien in einer im Fachjournal "Language and Cognition" veröffentlichten Studie, in der sie Tests mit 100 englischsprachigen Teilnehmern durchführten. Entscheidend dafür ist dem Forschungsteam zufolge wohl das Gefühl von Gruppenzugehörigkeit.

Das Team um Theresa Matzinger vom Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Wien nutzte in dem Experiment Bilder mit Situationen, die sich mit zwei verschiedenen, aber gleich bedeutenden englischsprachigen grammatikalischen Konstruktionen beschreiben lassen. Dabei wurden die Konstruktionen "A gives B to C" bzw. "A gives C B" mit variierenden Akteuren und Objekten versehen, also etwa "John gives Mary the book"/"John gives the book to Mary" oder "the judge lends the hammer to the violinist"/"the judge lends the violinist the hammer".

Zunächst sollten die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer die Bilder jeweils mit einer der beiden Formulierungen zwei Konversationspartnern beschreiben. Dann wurden die Rollen gewechselt und die Teilnehmer hörten, wie die Partner die Bilder beschrieben. Schließlich mussten sie entscheiden, mit welchem Partner sie in einem abschließenden Spiel kooperieren wollten, in dem es als Anreiz Geld zu gewinnen gab.

"Wir fanden heraus, dass unsere Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wie erwartet jene Konversationspartner auswählten, die ihnen in ihrer Sprache ähnlich waren und dieselbe grammatikalische Konstruktion wie sie benutzten", erklärte Matzinger in einer Aussendung.

Entscheidender Faktor: Ein Gefühl von Gruppenzugehörigkeit

In einem weiteren Experiment versuchte das Forschungsteam den Grund für diese Präferenz herauszufinden. Als entscheidender Faktor für die Wahl der Kooperationspartner entpuppte sich dabei ein Gefühl von Gruppenzugehörigkeit aufgrund einer Ausdrucksweise, die man selbst für natürlich hält, und nicht die Annahme, dass jemand zur selben sozialen Gruppe gehört wie man selbst. "Unsere Studie zeigt, dass schon kleine sprachliche Unterschiede, die wir vielleicht gar nicht bewusst wahrnehmen, eine Rolle für unsere Kooperationsbereitschaft spielen können", so die Expertin.

Matzinger ist sich sicher, dass sich auch mit deutschsprachigen Formulierungen ähnliche Ergebnisse ergeben würden, "wir planen auch schon eine Follow-up-Studie, wo wir das testen möchten", sagte sie auf Anfrage der APA. Die in der aktuellen Studie getesteten grammatikalischen Formulierungen seien subtiler als etwa unterschiedliche Ausdrucksweisen wie "Kartoffel"/"Erdäpfel" und würden eher unterbewusst wahrgenommen. Wörter wie "Kartoffel"/"Erdäpfel" seien vermutlich auffälliger, würden bewusster wahrgenommen und ließen sogar noch ausgeprägtere Ergebnisse erwarten.

Die Forscher hoffen jedenfalls, dass ihre Ergebnisse dazu genutzt werden können, um besser zu verstehen, wie in sprachlich heterogenen Gruppen kooperative Entscheidungen getroffen werden, und um Vorurteile gegenüber anderssprechenden Menschen abzubauen.

Service: Studie online: https://doi.org/10.1017/langcog.2024.27

APA/red Foto: APA/APA/dpa/Hannes P. Albert