Medizinalhanf: Report von deutscher Krankenkasse eher skeptisch

13. Juli 2018 - 11:41

Der Gesundheitsausschuss des Nationalrates hat Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) vor kurzem einstimmig ersucht, bis Ende 2018 einen Bericht in Hinblick zum therapeutischen Einsatz von Cannabis in der Medizin zu erstellen. Vor kurzem veröffentlichte die deutsche Techniker Krankenkasse einen mit ihrer Unterstützung verfassten Expertenbericht zu dem Thema. Er fällt deutlich skeptisch aus.

Experten betrachten Cannabis-Hype nüchtern
Experten betrachten Cannabis-Hype nüchtern

"Mit diesem Report wollen wir dem Hype um Cannabis eine nüchterne Betrachtung der Vor- und Nachteile entgegensetzen. Er soll Ärzten und Patienten eine Orientierung bieten und die Mythen um die Cannabis-Therapie ausräumen", heißt es im Vorwort des Chefs der Techniker Krankenkasse, Jens Baas. Diese bundesweite deutsche Krankenversicherung hat rund elf Millionen Versicherte und spielte beispielsweise bei der Einführung einer elektronischen Gesundheitsakte, aber auch bei der Bezahlung der Homöopathie, in Deutschland eine Vorreiterrolle.

Das Gutachten aus dem Forschungszentrum Socium für Ungleichheit und Sozialpolitik und der Universität Bremen umfasst rund 90 Seiten und beruht auf intensiver Literaturrecherche. Die verantwortlichen Hauptautoren, Gerd Glaeske und Kristin Sauer, führen in ihrer Zusammenfassung vor allem einen Mangel an ausreichenden wissenschaftlichen Beweisen für die Verwendung von Cannabis in der ärztlichen Therapie an: "So geht bisher trotz einer Vielzahl an Studien aus der publizierten Evidenz immer noch nicht klar hervor, welchen Patientengruppen mit welcher Dosis und in welcher Form medizinisches Cannabis verabreicht werden sollte und welcher Nutzen zu erwarten ist."

Fragen bleiben bestehen

Ausgangspunkt für "Cannabis auf Kassenrezept" war in Deutschland ein neues Gesetz, das der Bundestag Anfang 2017 beschloss und das mit 10. März vergangenen Jahres in Kraft trat. "Getrocknete Cannabisblüten und -extrakte sollten ebenso in die Therapie eingeführt werden wie die Wirkstoffe Dronabinol (aus Pflanzen hergestelltes hochreines THC; Anm.) und Nabilon (synthetisch hergestelltes THC-Präparat; Anm.)", schrieben die Experten in dem im April erschienenen Bericht. Ärzte können Cannabis (getrocknete Blüten oder Extrakte in standardisierter Qualität oder die THC-Pharmazeutika in Deutschland verschreiben, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und sonst keine allgemein anerkannte Therapie vorhanden oder anwendbar ist. Eine "nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome" muss gegeben sein.

Laut den Fachleuten sind in der wissenschaftlichen medizinischen Literatur zwischen 1975 und 2016 rund 140 wissenschaftliche Studien (Zuteilung der Patienten nach dem Zufallsprinzip plus Placebogruppe) "zu verschiedenen Cannabinoiden oder Cannabispflanzen-Präparaten zu einer Vielzahl an Krankheiten und Symptomen durchgeführt worden." Trotzdem würden viele Fragen bestehen bleiben.

"Bisher spielte medizinischer Cannabis in Deutschland bei der Behandlung von Schmerzen, ADHS, Depression, chemotherapeutisch bedingter Übelkeit und Erbrechen bei erwachsenen Krebspatienten, Inappetenz/Kachexie (Appetitlosigkeit/krankheitsbedingte starke Gewichtsabnahme; Anm.), Tourette-Syndrom ("Tics"; Anm.), Darmerkrankungen, Epilepsie und psychiatrischen Störungen eine Rolle. Doch die Evidenz zur Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabis las Medizin ist für viele dieser Indikationen inkonsistent und lückenhaft. Es gibt zwar für einige Anwendungsbereiche positive Patientenberichte, es liegen aber nur wenige aussagekräftige Studien von methodisch hoher Qualität vor", heißt es in dem Bericht.

(APA/red, Foto: APA/APA / AFP)

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