Wie Pflanzen ihre Wundheilung im Detail organisieren, kann die Wissenschaft noch nicht durchgehend erklären. Forscher vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg (NÖ) haben bei verletzten Pflanzen nun Moleküle blockiert, von denen man dachte, dass sie dabei eine entscheidende Rolle spielen. Diese kommt aber offenbar einem anderen Akteur zu: Die mechanischen Kräften, die von Fehlstellen im Pflanzengerüst ausgehen, dürften den Platzanweiser mimen.
Im Gegensatz zu Tieren sind Pflanzen nicht durchblutet. Das bedeutet auch, dass ihnen die Option nicht gegeben ist, im Blut quasi Sensoren im Körper herumzuschicken, die Verletzungen detektieren und reparieren. Wie es Pflanzen dennoch schaffen, etwa nach Wildverbiss Fehlstellen wieder auszugleichen, wird intensiv untersucht.
Im Rahmen ihrer Studie, die im Fachjournal "Developmental Cell" vorgestellt wird, verletzten die Wissenschafter um Lukas Hoermayer, Jiří Friml, Eva Benková und Carl-Philipp Heisenberg Exemplare der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) mit einem Laserstrahl und dokumentierten den anschließend einsetzenden Wundheilungsprozess mittels detaillierter Videoaufnahmen, heißt es in einer Aussendung. Das Team blockierte während der Tests gezielt einige Moleküle, von denen eigentlich angenommen wurde, dass sie zum Anstoßen der Bildung neuer Zellen in exakt jene Richtung, wo die Verletzung liegt, gebraucht werden.
Heilungsprozess funktionierte trotzdem
"Zu unserer Überraschung funktionierte der Prozess weiterhin einwandfrei", sagte Hoermayer. Auf den mikrobiologischen Videos zeigte sich hingegen, wie Mikrotubuli - also Strukturen, die in der Zellteilung bei der Auftrennung von Genmaterial helfen - auf jene mechanische Veränderungen reagieren, die das Fehlen von Zell-Nachbarn verursacht.
Geht der Nachbar plötzlich ab, werden die Zellen, die dann mehr Platz haben, nämlich etwas gedehnt. Das motiviert die Mikrotubuli dazu, sich neu zu orientieren, und die Zellteilung kommt dort in Gang, wo einst die Anrainer-Zelle war. "Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die schieren mechanischen Kräfte, die durch die Dehnung der Zellen entstehen, die Zellteilung bei der Wundheilung antreibt", so Hoermayer.
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