Sie hat positive Effekte auf die Leber und wird als Gegenmittel bei einer Vergiftung mit Knollenblätterpilz eingesetzt: Die unscheinbare Mariendistel, gekürt zur Arzneipflanze 2021 in Österreich, wird seit der Antike erfolgreich therapeutisch angewendet, so Experten bei einer Online-Pressekonferenz.
Auf den ersten Blick oft nur als Unkraut betrachtet, belegen immer mehr Studien die Wirkung des stacheligen Korbblütlers, erläuterten Vertreter der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPP). Die Experten der pharmazeutischen Institute der Universitäten Graz, Innsbruck und Wien küren Jahr für Jahr "nach strengen Auswahlkriterien" die Arzneipflanze des Jahres in Österreich. Die unter anderem im Waldviertel kultivierte Mariendistel (Latein Silybum marianum, Anm.) überzeuge durch die leberschützenden Effekte des Wirkstoffkomplexes Silymarin, die durch diverse wissenschaftliche Studien belegt und bestätigt seien.
Einsatz bei Lebererkrankungen
Ursprünglich beheimatet im mediterranen Raum und Vorderen Orient, kommt die schon seit dem Altertum bekannte Pflanze heute in erster Linie im Bereich der Lebererkrankungen zum Einsatz. Seit dem 19. Jahrhundert fokussiert die medizinische Verwendung auf Zubereitungen der "Samen" bzw. Früchte bei Leber- und Galleleiden.
Mittlerweile erfolgte eine systematischen Inkulturnahme und züchterische Bearbeitung, sagte Rudolf Marchart, Österreichischer Verband für Arznei- und Gewürzpflanzenbau, St. Pölten. Ihm zufolge stellt die Mariendistel hierzulande eine der drei wichtigsten großflächig kultivierten Arzneipflanzen dar. Anbaugebiete liegen vor allem im Waldviertel und teilweise auch im Weinviertel, wo auch ein Kompetenzzentrum zur Verarbeitung für die nachfolgende Silymaringewinnung beheimatet ist. 3.500 bis 4.000 Tonnen Körnerdroge werden durchschnittlich pro Jahr hergestellt.
Besonders wertvoll sind die braunen Früchte, die in ihrer Schale den als "Lebermittel" bekannten Wirkstoffkomplex Silymarin enthalten. Dieser interagiert mit spezifischen Leber-Transportproteinen, wodurch Giftstoffe wie Amanitin und Phallaoidin nicht mehr in die Zelle eindringen können. "Für die Wirksamkeit ist das in der Fruchtwand lokalisierte Gemisch an Flavonolignanen, 'Silymarin' bezeichnet wird, von besonderer Bedeutung", erklärte Rudolf Bauer, Vizepräsident der HMPPA vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften, Universität Graz.
Antioxidative und antiinflammatorische Effekte
Auch antioxidative und antiinflammatorische Effekte konnten nachgewiesen werden. Tierversuche zeigten außerdem, dass Silymarin den Zuckerstoffwechsel positiv beeinflussen und cholesterinsenkend wirken kann. Somit könnte es auch für die Behandlung des metabolischen Syndroms Bedeutung haben.
Für die Behandlung der Knollenblätterpilzvergiftung wird das gereinigte Hemisuccinatdinatriumsalz des Silibinins verwendet. Neuesten Untersuchungen zufolge könnten sich drüber hinaus Anwendungen im Bereich der Krebstherapie ergeben.
Laut Annette Jänsch, Fachärztin für Innere Medizin Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin, haben einige Studien eine schnellere Abheilung einer akuten Hepatitis A unter Mariendisteltherapie belegt. In der täglichen naturheilkundlichen Praxis finde die Mariendistel insbesondere bei Lebensstil-bedingten Fettlebererkrankungen (NAFLD) Anwendung. Auch Patienten mit chronischer viraler Hepatitis - Hepatitis B und C – und Chemotherapie-induzierter Hepatitis profitieren.
Service: Details unter http://www.hmppa.at
(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))