Leitfaden zur Behandlung von Kindern ohne eindeutigem Geschlecht

19. Juni 2018 - 11:23

In den vergangenen Jahrzehnten sind bei Kindern mit nicht eindeutig bestimmbarem Geschlecht oft schon im Kleinkindalter geschlechtsanpassende Operationen durchgeführt worden. Immer wieder kam es dabei zu Fehlbehandlungen, hieß es in einer Aussendung der MedUni Wien. Ein neu erstelltes Consensus-Papier soll nun als Grundlage eines einheitlichen medizinischen Umgangs dienen.

Früher "Intersexualität", heute "Diverse Sex Development"
Früher "Intersexualität", heute "Diverse Sex Development"

Störungen der kindlichen Geschlechtsentwicklung sind in Diagnose, Beratung und Therapie eine große medizinische Herausforderung, schrieb die MedUni. Anders als früher gilt DSD (Differences of Sexual Development) heute als komplexe Erkrankung mit einer Vielzahl von Ausprägungen. Ziel ist eine interdisziplinäre Behandlung je nach Alter und Ausprägung, und nicht mehr die sofortige operative Geschlechtsanpassung.

DSD: geschlechtliche Zuordnung nicht eindeutig möglich

Menschen, die an der heute als seltene Erkrankung eingestuften "Diverse Sex Development" (DSD) leiden, wurden früher als "intersexuell" bezeichnet. Damit ist gemeint, dass es bedingt durch genetische, anatomische oder hormonelle Ursachen nicht eindeutig möglich ist, dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugeordnet werden zu können. Im Unterschied dazu werden transsexuelle Menschen medizinisch gesehen als biologisch eindeutig definiert, meinen aber, aus subjektivem Empfinden, dem anderen Geschlecht anzugehören. Man geht davon aus, dass ca. jedes 1.500. Neugeborene an DSD leidet. In Österreich wären das ca. 50 Kinder pro Jahr.

Um die Behandlung der Betroffenen zu verbessern, wurde von führenden medizinischen Experten, Selbsthilfegruppen und betroffenen Erwachsenen als Resultat eines dreijährigen Forschungsprojekts ein neues Consensus-Papier zum Thema DSD in Europa erarbeitet. "Das Ziel war, eine ganzheitliche Perspektive auf das weite Feld der DSD zu etablieren und dabei alle Bereiche des Lebens wie Sexualität, Arbeitsleben und Kinderwunsch mitzudenken", hieß es in der Aussendung. Aus Österreich waren unter anderen der Kinderurologe Alexander Springer von der Klinischen Abteilung für Kinderchirurgie und der Kinderarzt Stefan Riedl von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien beteiligt. Das Papier wurde nun im renommierten Journal "NatureReviews Endocrinology" publiziert.

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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