Künstliche Intelligenz sucht nach Forschungstrends in Quantenphysik

15. Januar 2020 - 11:23

Computerprogramme haben schon Quantenexperimente entworfen und Verbindungen zwischen Quantenphysik und Mathematik entdeckt. Nun haben österreichische Physiker eine Künstliche Intelligenz entwickelt, die auf Basis einer Analyse von Hunderttausenden Fachartikeln Prognosen für künftige Forschungstrends erstellt und unorthodoxe Forschungsthemen aufzeigt, berichten die Forscher im Fachjournal "Pnas".

Abstracts von 750.000 Forschungsartikeln seit dem Jahr 1919 analysiert
Abstracts von 750.000 Forschungsartikeln seit dem Jahr 1919 analysiert

Für Wissenschafter wird es zunehmend schwierig, den Überblick über das eigene Fachgebiet zu behalten, geschweige denn Projekte zu entwickeln, die darüber hinaus gehen. "Allein in der Quantenphysik erscheinen jeden Tag rund 50 Artikel", erklärte der österreichische Quantenphysiker Mario Krenn, der derzeit an der Universität Toronto arbeitet, in einer Aussendung der ÖAW. Gemeinsam mit seinem Doktorvater Anton Zeilinger, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), könnte Krenn eine Lösung für dieses Problem gefunden haben: ein computergestütztes System zur effizienten Verarbeitung von Wissens.

Basis davon ist ein sogenanntes semantisches Netzwerk. Für dieses wurde zunächst automatisiert eine Liste von etwa 6.500 Schlüsselkonzepten der Quantenphysik aus Büchern, Fachartikeln und Wikipedia erstellt. Um die Verbindungen und Verknüpfungen zwischen diesen Konzepten zu erkennen, wurden die Abstracts von 750.000 Forschungsartikeln aus der Quantenphysik seit dem Jahr 1919 analysiert. Dieses Netzwerk sei zwar eine einfache Repräsentation des Wissens, spiegle aber gut vergangene Entwicklungen der Quantenphysik wider, so Krenn.

Neuronales Netz mit semantischem Netz verbunden

In einem nächsten Schritt haben die Forscher ein neuronales Netz mit dem semantischen Netz verbunden. Die Künstliche Intelligenz hat dabei gelernt, von den Daten des Jahres 2010 den Zustand im Jahr 2015 vorherzusagen. "Das neuronale Netz konnte mit hoher Wahrscheinlichkeit abschätzen, welche 2010 noch nicht verbundenen Konzepte bis zum Jahr 2015 gemeinsam erforscht werden", erklärte Krenn. Die KI könne nun Prognosen erstellen, welche Konzepte in Zukunft von Wissenschaftern gemeinsam erforscht werden.

Zudem kann das System Vorschläge für neue, unerwartete Themengebiete machen. Schließlich sind derzeit nur etwa fünf Prozent der verschiedenen Konzepte der Quantenphysik im Netzwerk verknüpft. Zudem suchen die Physiker mit netzwerktheoretischen Methoden nach fächerübergreifenden unorthodoxen Verbindungen, "die etwa stark vorhergesagt werden, aber sich konzeptionell stark unterscheiden", so Krenn.

Für Zeilinger hat dieser Ansatz "das Potenzial, die Art und Weise, wie Wissenschaft gemacht wird, signifikant zu verändern". Das System sei grundsätzlich für jedes Forschungsgebiet anwendbar.

Service: https://doi.org/10.1073/pnas.1914370116; frei zugängliche Version: https://arxiv.org/abs/1906.06843

(APA/red, Foto: APA/ÖAW/Harald Ritsch)

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