Kohlendioxidemissionen lassen die Stratosphäre schrumpfen

25. Juni 2021 - 9:05

Die Stratosphäre - von der Erdoberfläche aus die zweite Schicht der Atmosphäre - ist rund 400 Meter dünner als in den 1980er Jahren. Grund dafür sind vor allem die Treibhausgasemissionen, berichtet ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung im Fachjournal "Environmental Research Letters". Die Wissenschafter warnen, dass die Stratosphäre bis 2080 um weitere 1,3 Kilometer schrumpfen wird, wenn der Trend zu steigenden Emissionen unvermindert anhält.

Treibhausgase wirken in den verschiedenen Atmosphärenschichten unterschiedlich
Treibhausgase wirken in den verschiedenen Atmosphärenschichten unterschiedlich

Die Troposphäre ist das unterste "Stockwerk" der Atmosphäre, beginnt am Erdboden und reicht bis zur Stratosphäre. Der Grenzbereich zwischen den beiden Schichten wird "Tropopause" genannt, die sich in den Polarregionen in etwa acht Kilometer Höhe befindet, am Äquator in rund 16 Kilometern Höhe.

Die Troposphäre wird durch das seit der industriellen Revolution zunehmende Kohlendioxid (CO2) und dem damit verbundenen verstärkten Treibhauseffekt immer wärmer und dehnt sich aufgrund der Erderhitzung aus. Als man das Anfang der 2000er Jahre herausfand, wurde auch die Hypothese aufgestellt, dass sich in Folge die im Schnitt rund 40 Kilometer dicke Stratosphäre zusammenziehen sollte.

Beweise für erhebliche Kontraktion

Die Wissenschafter um Petr Pisoft von der Universität Prag haben für ihre Studie sogenannte "Reanalysedaten" untersucht, in denen verschiedene globale meteorologische Datensätze und Modelle zusammenfließen. Sie fanden darin "Beweise für eine erhebliche Kontraktion der Stratosphäre in den vergangenen Jahrzehnten", wie die Forscher in ihrer Arbeit schreiben.

Demnach ist die Ausdehnung der Stratosphäre zwischen 1980 und 2018 mit einer Geschwindigkeit von mehr als 100 Meter pro Jahrzehnt geschrumpft. Die Modelle der Forscher prognostizieren eine Kontraktion um weitere 1,3 Kilometer bis 2080, was einem Rückgang von 3,7 Prozent gegenüber der mittleren Stratosphärendicke von 1980-2018 entspricht.

Rückgang wahrscheinlich noch größer

Die Forscher gehen davon aus, dass diese Schrumpfung auch schon vor den 1980er Jahren stattgefunden hat und der gesamte Rückgang wahrscheinlich größer als die bisher beobachteten 400 Meter ist. Allerdings gibt es aus der Zeit vor 1980 nicht genügend Daten aus so großer Höhe, um dies zu verifizieren.

Hintergrund der Kontraktion sind die unterschiedlichen Auswirkungen von Kohlendioxid in den verschiedenen Atmosphärenschichten: Während das Treibhausgas in der Troposphäre maßgeblich zur Aufheizung beiträgt, hat es in der Stratosphäre den gegenteiligen Effekt: dort führt es zur Abkühlung. Zum Anstieg der CO2-Konzentration kommt zeitgleich auch noch eine Ausdünnung der Ozonschicht. Durch die Wirkung beider Effekte sind die stratosphärischen Temperaturen in den vergangenen drei Jahrzehnten um rund drei Grad Celsius gesunken.

Tropopause verschiebt sich nach oben

"Steigende CO2-Konzentrationen kühlen die Stratosphäre, da die Emission von Wärmestrahlung in Richtung Weltall verstärkt wird. Und der Ozonverlust kühlt die Stratosphäre zusätzlich, da weniger eingehende solare UV-Strahlung absorbiert wird", erklärte Harald Rieder, Vorstand des Instituts für Meteorologie und Klimatologie der Universität für Bodenkultur (Boku) und Mitautor der Studie, gegenüber der APA. Weil sich die Troposphäre durch die Erderwärmung ausdehne, verschiebe sich auch die Tropopause nach oben, wo der Luftdruck niedriger ist. "Oberhalb der Tropopause verhält es sich genau umgekehrt, die Abkühlung trägt maßgeblich zur Schrumpfung der Stratosphäre bei und die Stratopause (der Grenzbereich zur nächsthöheren Atmosphärenschicht, der Mesosphäre, Anm.) sinkt", so Rieder.

Abgesehen davon, dass es bemerkenswert ist, dass immer noch bisher unbekannte Auswirkungen des Klimawandels entdeckt werden - die Wissenschafter schlagen vor, die Mächtigkeit der Stratosphäre als weiteren Indikator für den Klimawandel heranzuziehen - könnte das Phänomen handfeste Folgen haben: Die Verschiebung der atmosphärischen Schichten könnte auch - noch im Detail zu untersuchende - Auswirkungen auf die Flugbahnen und Lebensdauer von Satelliten, die Ausbreitung von Radiowellen und die Genauigkeit globaler Positionierungssysteme wie GPS haben, betonen die Studienautoren.

Service: https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/abfe2b/pdf

(APA/red, Foto: APA/APA/AFP)

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