Kognitive Fähigkeiten von Hühnern unterschätzt

25. Oktober 2021 - 8:41

Die kognitiven Fähigkeiten von Hühnern werden offensichtlich unterschätzt. In Experimenten österreichischer und britischer Verhaltensforscherinnen schnitten Hühner hinsichtlich Lernfähigkeit und Verhaltensflexibilität teilweise gleich gut ab wie die als schlau geltenden Krähen. In ihrer im Fachjournal "Open Science" der Royal Society veröffentlichten Studie beschreiben die Wissenschafterinnen aber auch bemerkenswerte individuelle Unterschiede in der Leistung beider Arten.

Hühner lachen bei Intelligenztests oft zuletzt
Hühner lachen bei Intelligenztests oft zuletzt

Unzählige Verhaltensexperimente mit Krähen und Papageien haben in den vergangenen Jahren deren kognitive Fähigkeiten gezeigt, die in vielen Aspekten vergleichbar mit Primaten oder anderen Säugetieren sind. Als einer der Gründe dafür wird das Leben dieser Vögel in relativ komplexen Gruppen angesehen. "Hühner tun das aber auch, deshalb war es mir wichtig, auch diese immer unterschätzten Tiere zu testen", erklärte die aus Österreich stammende Verhaltensbiologin Claudia Wascher von der Anglia Ruskin University (Großbritannien) im Gespräch mit der APA.

Gleiche Versuche mit Krähen

Während Wascher ihre Lern-Experimente mit Hühnern auf einem englischen Bauernhof durchgeführt hat, haben ihre Kolleginnen von der Konrad Lorenz Forschungsstelle (KLF) der Universität Wien die gleichen Versuche mit handaufgezogenen Krähen an der KLF in Grünau im Almtal (OÖ) gemacht. Dabei ging es darum, die Lernfähigkeit und Verhaltensflexibilität der Tiere zu untersuchen. Diese mussten dabei eine Reaktion auf bekannte Reize modifizieren und zuvor erfolgreiche Verhaltensstrategien unterdrücken.

In einem Experiment wurde das Umkehrlernen erfasst. Dazu lernten die Tiere zunächst, dass sich eine Belohnung in einem Becher befindet, der mit einem Deckel einer bestimmten Farbe (blau oder orange) abgedeckt ist. Sobald sie das Lernkriterium (80 Prozent richtige Wahl) erfüllten, wurde das System gewechselt und die andere Farbe belohnt. "Die meisten Tiere brauchen in der zweiten Phase mehr Durchgänge, weil sie das bisher Gelernte unterbinden und etwas Neues machen müssen", so Wascher, "doch die Hühner lernten dabei gleich schnell wie die Krähen."

Impulskontrolle im Fokus

In einem zweiten Test ging es um die Impulskontrolle. Dazu wurde die Belohnung in die Mitte eines undurchsichtigen liegenden Zylinders gelegt, der an beiden Seiten offen ist. Die Vögel mussten zunächst einmal lernen, dass sie über die seitlichen Öffnungen an das Goodie im Zylinder kommen. In der zweiten Phase des Experiments war der Zylinder durchsichtig. Die Frage war nun, ob die Tiere reflexhaft in Richtung der sichtbaren Belohnung picken oder sich unter Kontrolle hatten und wieder über eine der beiden Seiten daran gelangten. "Hier waren die Krähen viel besser als die Hühner", erklärte die Forscherin.

In der Interpretation speziell des Zylinder-Tests ist Wascher vorsichtig. Dieser sei "sehr limitiert", etwa weil im konkreten Fall die Zahl der getesteten Tiere sehr klein war. Zudem stelle sich bei diesem Experiment grundsätzlich die Frage, wie viel Erfahrung die Tiere bereits mit transparenten Materialien haben. In der aktuellen Studie hatten die Krähen im Gegensatz zu den Hühnern bereits mit durchsichtigen Materialien zu tun gehabt.

Starke individuelle Unterschiede

Es gebe aber sowohl bei den Krähen, als auch bei den Hühnern frühere Studien mit sehr ähnlichen Ergebnissen. "Es scheint so zu sein, dass die Krähen eine bessere Impulskontrolle haben als die Hühner. Was das dann in weiterer Folge bedeutet, muss man sich noch anschauen", so Wascher.

In den Experimenten hätten sich ganz starke individuelle Unterschiede gezeigt, sowohl bei den Krähen, als auch bei den Hühnern. "Es gibt Individuen, die sehr schnell lernen, und andere, die etwas länger brauchen", so die Biologin, die dafür plädiert, in der Kognitionsforschung nicht nur verschiedene Arten zu vergleichen, sondern sich verstärkt mit diesen individuellen Unterschieden auseinanderzusetzen.

Service: https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsos.210504

(APA/red, Foto: APA/APA/dpa)

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