Geht die Klimaerhitzung so weiter wie in den vergangenen Jahrzehnten, dann wird Neuschnee vor allem in den Tieflagen des Landes zum noch scheueren Reh. Für die zahlreichen Skiressorts des Landes ergeben neue Klimaprognosen eine Verkürzung der Naturschnee-Saison von im Schnitt rund 20 Tagen bis zum Jahr 2050. Die Zeiten, in denen man dort Kunstschnee erzeugen kann, gehen jedoch weniger stark zurück, hieß es am Mittwoch bei einem Pressegespräch.
Auch mit Blick auf den für Österreichs Wirtschaft so wichtigen Winter-, respektive Skitourismus müsse man festhalten: "Jedes Zehntelgrad Klimaerwärmung weniger hilft uns", betonte Andreas Gobiet von Geosphere Austria in einem vom Wissenschaftsnetz "Diskurs" und dem Climate Change Center Austria (CCCA) organisierten Pressegespräch. Der Experte für regionale Klimamodellierung wies einmal mehr darauf hin, dass eine Erwärmung des weltweiten Klimas im Alpenraum in etwa doppelt so hoch ausfällt. Betrachtet man die Temperaturmittelwerte der vergangenen 30 Jahre ergibt sich für Österreich ein Plus von rund 1,8 Grad Celsius.
Selbst wenn die Pariser Klimaziele erreicht würden, liege das Plus laut den derzeit besten Klimamodellen hierzulande bei rund 2,5 Grad, bei einer Stabilisierung auf diesem Niveau ab 2050. Diese Werte könne man mittlerweile quasi als "unvermeidbaren Klimawandel" ansehen, so Gobiet. Würden nur die bisher gesetzten Klimaschutz-Maßnahmen beibehalten, lande man im Alpenraum allerdings eher bei plus 4,4 Grad.
Auf und Ab bei Naturschneemengen wird weiter gehen
Sehe man sich die Temperaturen pro Jahreszeit an, wird klar, dass auch die Winter spätestens ab dem Jahr 1980 deutlich wärmer wurden. Das gelte "auch in den Hochlagen": Blickt man nämlich auf die hoch liegenden Messstationen in den Ostalpen über die vergangenen 90 Jahre, dann zeigt sich ein Durchschnitts-Plus in Winter von 2,2 Grad auf der Schmittenhöhe bei Zell am See, von 1,9 Grad am Sonnblick (beide Salzburg) oder 2,4 Grad auf der Zugspitze (Bayern).
Das Auf und Ab bei den regionalen Naturschneemengen der vergangenen Jahre werde zwar weiter gehen, so der Experte. Darunter liege aber der eindeutige Erwärmungstrend. Das wird der im Flachland bereits merklich geschrumpften Saison mit einer weißen Winterlandschaft weiter zusetzen. Lege man aktuelle Klimamodelle auf die Naturschnee-Situation um, dann reduzieren sich die Tage mit einer Naturschneedecke von mehr als zehn Zentimeter ausgehend vom Stand des Jahres 2021 "über alle Höhenlagen hinweg" um 20 Tage. Daraus ergibt sich, dass in Lagen unter 500 Meter Seehöhe bis zum Jahr 2050 die zu erwartenden Schneetage quasi bei null landen. Über 2.500 Metern entspräche das Minus von um die 20 Tage einem Minus zehn Prozent der Tage mit Naturschneedecke.
Das wiederum führt dazu, dass die Bedeutung von künstlicher Beschneiung mit "technischem Schnee" gegenüber dem Status quo nochmals deutlich zunehmen werde, so der Wissenschafter. Schon jetzt beschneit der allergrößte Teil heimischer Skigebiete. Die wichtigste Zeit ist hier der Dezember, wo man bei entsprechend tiefen Temperaturen sozusagen die Kunstschnee-Basis für die Skisaison zu legen versucht.
Höhenlage ausschlaggebend
Das Schrumpfen der Saison mit günstigen Bedingungen für künstliche Beschneiung bleibe laut Prognosen auf der Seehöhe einer typischen Talstation um die 1.100 Meter eher "begrenzt", sagte Gobiet. Die Chance, um dort eine Schneedecke über 30 Zentimeter in der sonst tendenziell immer grüneren Landschaft auf die Piste zu zaubern, sinke demnach um fünf bis zehn Prozent. In Lagen um 800 Meter falle hingegen rund ein Fünftel der Kunstschnee-Tage weg.
Das Resümee aus diesen Erkenntnissen "muss jeder Tourismusbetrieb selbst ziehen", so Gobiet, der bereits mehrere Studien für klassische Wintersportregionen durchgeführt hat. Sein Fazit: Die Prognosen für die kommenden 30 Jahre werden dort durchaus positiv gesehen. In tiefer liegenden Gebieten sehe dies jedoch anders aus.
An Informationen zu Zukunftsszenarien zeige der Wintertourismussektor insgesamt mittlerweile großes Interesse. Man gehe mit Studien dazu inzwischen zum Teil auch recht offensiv in die Öffentlichkeit und plädiere für mehr Klimaschutz. Gerade die Wintersportindustrie sollte diesen eigentlich "am lautesten fordern", so Gobiet, der auch Anzeichen sieht, dass hier ein gewisses Umdenken Einzug hält.
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