18.11.2024, 09:45 Uhr

Kinderleid und hohe Kosten durch RSV-Infektionen

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Mit dem in jeder kalten Jahreszeit regelmäßig grassierenden Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) ist sprichwörtlich nicht zu spaßen. 20 Prozent der Spitalsaufnahmen wegen akuter Atemwegserkrankungen von Kindern unter fünf Jahren an der Grazer Universitätsklinik waren in den Jahren 2015 bis 2022 darauf zurückzuführen. Das hat eine neue Studie steirischer Wissenschafter ergeben.

Sever Yildiz Gülsen und ihre Co-Autoren haben ihre wissenschaftliche Arbeit in "Influenza and Other Respiratory Viruses" publiziert. Die Kinderklinik der MedUni Graz besitzt bezüglich epidemiologischer Untersuchungen in Österreich in Sachen pädiatrischer Erkrankungen eine sehr gute Ausgangsposition, wie Volker Strenger von der Klinik vor kurzem auch im Rahmen der Praevenire Gesundheitstage in Eisenstadt betonte: "Wir haben in Graz eine der größten Kinderkliniken mit einem ganz definierten Einzugsgebiet." Jedes Kind, das aus der unteren und südlichen Steiermark ins Krankenhaus aufgenommen werden müsse, komme an die Universitätsklinik in der Landeshauptstadt. So habe man einen guten Überblick über das Krankheitsgeschehen auf dem Gebiet der Pädiatrie.

Den Wissenschaftern ging es um die Bedeutung der RSV-Erkrankungen bei Babys und Kleinkindern. "Wir versuchten die Epidemiologie und die ökonomische Belastung durch RSV über sieben Krankheitssaisonen (...) zu dokumentieren." So wurden die Daten aller Kinder im Alter unter fünf Jahren, die zwischen Anfang Oktober 2015 und Ende April mit dem PCR-Nachweis einer RSV-Erkrankung ins Krankenhaus aufgenommen werden mussten, analysiert.

RSV-bedingte Spitalskosten rund zwei Millionen Euro pro Jahr

Das Hauptergebnis, so die Autoren: "Jede fünfte Krankenhausaufnahme (exakt: 19 Prozent; Anm.) wegen einer Atemwegserkrankung von Kindern unter fünf Jahren war auf RSV zurückzuführen. Das bedeutete 7,9 Prozent aller Hospitalisierungen und 3,3 Prozent der Kosten für pädiatrische Spitalsaufnahmen." 87 Prozent der wegen einer schweren Erkrankung stationär aufgenommenen Kinder wären zuvor gesund gewesen und zum richtigen Geburtstermin auf die Welt gekommen, 79 Prozent waren im ersten Lebensjahr. "Die RSV-bedingten Spitalskosten betrugen pro Jahr rund zwei Millionen Euro."

Das müsste nicht so sein. Seit der RSV-Saison 2023/24 stehen erstmals verschiedene Präventionsmöglichkeiten zur Verfügung, darunter eine Vakzine für Erwachsene ab 60 Jahren sowie eine RSV-Impfung für Schwangere, um das Neugeborene vom ersten Atemzug an für die ersten Monate ab der Geburt vor der Infektion zu schützen.

Der Linzer Spezialist Patrick Stelzl (Medizinische Fakultät/Kepler Universität) sagte dazu bei den Praevenire Gesundheitstagen in Eisenstadt: "Die Schwangerschaft ist eine ziemlich infektanfällige Zeit. Im ersten Lebensjahr ist so, dass Kinder auch äußerst infektanfällig sind, weil ihr Immunsystem noch nicht ausgereift ist." Mit einer Impfung der Schwangeren (in Österreich zwischen der 24. und der 36. Schwangerschaftswoche; Anm.) könne man die Schwangeren, das ungeborene Kind und schließlich das Neugeborene vor RSV schützen. Die Babys haben dann nämlich über die Plazenta während der Schwangerschaft die schützenden Antikörper der Mutter abbekommen. Darüber hinaus wird es in Österreich in Zukunft wahrscheinlich auch ein Medikament mit monoklonalen Antikörpern zur passiven Immunisierung von Babys gegen RSV geben.

Wirksamkeit der Impfung während der Schwangerschaft hoch

Die Wirksamkeit der RSV-Impfung während der Schwangerschaft ist laut dem Linzer Pädiater hoch. In der groß angelegten internationalen Zulassungsstudie für die Vakzine mit 4.200 Schwangeren zeigte sich folgende Wirkung: "Die Effektivität innerhalb von 90 Tagen (nach der Geburt für den Schutz vor RSV-Erkrankungen; Anm.) betrug 81,8 Prozent. Innerhalb von 180 Tagen lag die Effektivität noch immer bei 69,4 Prozent." In Staaten wie den USA, Argentinien, Frankreich, Großbritannien und Luxemburg wird die RSV-Impfung für Schwangere bereits bezahlt. In Österreich ist das nicht der Fall.

Überhaupt sollten laut den Fachleuten gefahrlos durchführbare Impfungen bei Schwangeren zu ihrem Wohl und zu dem ihrer Babys in Österreich stärker propagiert werden. Stelzl sprach hier auch von den Impfungen gegen Keuchhusten (Pertussis), Tetanus, Diphtherie, Polio, Influenza und Covid-19 sowie eben jener gegen RSV. Der Grazer Pädiater Strenger: "Auch bei Pertussis wird das Konzept der maternalen Impfung viel zu wenig umgesetzt." Dabei können sowohl Pertussis als auch RSV bei Babys schwerste Erkrankungen auslösen. Das gehe bis hin zur Aufnahme in die Intensivstation und bis zur künstlichen Beatmung.

APA/red Foto: APA/APA/dpa/Marijan Murat