Kinder-Pneumokokkenimpfung wirkt in Österreich immer schlechter

18. Oktober 2018 - 13:41

Österreich hat erst 2012 die Pneumokokken-Immunisierung in das kostenlose Kinder-Impfprogramm aufgenommen. Verwendet wird eine Vakzine, die gegen zehn Typen der Erreger schützt. Doch laut der Wiener Sozialmedizinerin Ursula Kunze reicht das nicht mehr aus. Ein vorhandener breiter wirkender Impfstoff sollte eingesetzt werden, sagte sie bei einem Hintergrundgespräch in Wien.

Expertin: "Es ist an der Zeit, auf den 13-valenten Impfstoff überzugehen."
Expertin: "Es ist an der Zeit, auf den 13-valenten Impfstoff überzugehen."

"Bei Streptokokkus pneumoniae (Pneumokokken; Anm.) werden mehr als 90 verschiedene Serotypen unterschieden. 23 davon sind für mehr als 90 Prozent der Erkrankungen verantwortlich", sagte die Sozialmedizinerin bei dem vom Verein für Impfstoffaufklärung organisierten Gespräch.

Zahl der Erkrankungen deutlich gestiegen

Pneumokokken verursachen "lokal" vor allem Mittelohr- und Nebenhöhlenentzündungen sowie Pneumonien, binnen kürzester Zeit lebensgefährlich können invasive Erkrankungen mit Sepsis und Multiorganversagen sein. Statistisch gleichermaßen gefährdet sind Babys und Kleinkinder sowie Senioren. In Österreich wurden im Zeitraum 2005 bis 2015 bei den Ein- bis Zweijährigen rund zehn invasive Pneumokokkenerkrankungen pro 100.000 registriert, bei den über 75-Jährigen lag die Häufigkeit ähnlich hoch.

Insgesamt wurden in Österreich 2005 noch 125 schwerste Pneumokokken-Infektionen registriert. 2017 waren es über alle Altersgruppen hinweg 545.

Expertin fordert Umstellung auf breiter wirksame Vakzine

An sich sollte das Problem durch vermehrte Impfungen abnehmen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Ein nicht unerheblicher Teil der Problematik könnte laut Ursula Kunze im bei den Gratis-Kinderimpfungen seit Jahren verwendeten Zehnfach-Impfstoff liegen. Das Erregerspektrum hat sich nämlich offenbar geändert. Die Vakzine schützt gegen die Pneumokokken-Serotypen 1, 4, 5, 6B, 7F, 9V, 14, 18C, 19F und 23F. Mittlerweile gibt es eine 13-fach-Vakzine, die auch noch zusätzlich gegen die Serotypen 3, 6A und 19A schützt.

"2017 sind in Österreich insgesamt 28 Kinder unter fünf Jahren an einer invasiven Pneumokokken-Infektion erkrankt. Von 15 der Kinder sind die Pneumokokken-Serotypen bekannt. In zehn Fällen wurden Serotypen nachgewiesen, die ausschließlich im 13-valenten Impfstoff enthalten sind. Mit je fünf dokumentierten Fällen kamen die Serotypen 3 und 19A am häufigsten vor", sagte die Sozialmedizinerin.

Die Konsequenz sollte ein Wechsel im kostenlosen österreichischen Kinderimpfprogramm auf die breiter wirkende Vakzine (gegen 13 Stämme der Erreger; Anm.) sein. "Der zehn-valente Impfstoff hat seine sehr gute Arbeit getan. Es ist an der Zeit, auf den 13-valenten Impfstoff überzugehen", sagte Ursula Kunze.

Weltweit verwenden laut den Informationen der Sozialmedizinerin derzeit 113 Staaten in ihren staatlichen Kinderimpfprogrammen ausschließlich die breiter wirkende Vakzine, 39 Staaten den Impfstoff, der auch in Österreich benutzt wird. Bei dem Hintergrundgespräch wurde erklärt, dass vor allem Kostenfragen dahinter steckten. Pharmakonzerne arbeiten bereits an noch breiter wirksamen Impfstoffen gegen die Pneumokokken für Kinder.

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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