Der Ausbruch des Untersee-Vulkans Hunga Tonga-Hunga Ha'apai im Südpazifik im Jahr 2022 hat geschätzte 420.000 Tonnen Schwefeldioxid und rund 150 Megatonnen Wasserdampf in die Stratosphäre - den "zweiten Stock" der Atmosphäre - geschleudert. Dadurch hat sich diese in rund 20 Kilometer Höhe beginnende Atmosphärenschicht monatelang außergewöhnlich stark abgekühlt, stellte das Wegener Center der Uni Graz gemeinsam mit Forschenden aus den USA fest.
Im Jänner 2022 war das polynesische Insel-Königreich Tonga im Südpazifik vom Ausbruch des Untersee-Vulkans Hunga erschüttert worden, der nach Angaben von Forschern zu den stärksten der vergangenen 2.000 Jahre zählte. Die Eruption im Pazifik nördlich von Neuseeland führte sogar an weit entfernten Küsten von Japan bis in die USA zu Flutwellen. Die Druckwelle breitete sich laut einer Studie mit einer Geschwindigkeit von rund 1.100 km/h aus und umrundete die Erde mindestens viermal innerhalb von sechs Tagen. Doch auch in der Atmosphäre hinterließ der Ausbruch seine Spuren. So führte der Ausbruch des Vulkans neben Schwefeldioxid-Emissionen zu einem massiven Eintrag von Wasserdampf in die Stratosphäre, das heißt in die Schicht zwischen 20 und 50 Kilometer Höhe. Und das hat Auswirkungen auf die Atmosphäre für längere Zeit.
Die Explosionswolke über dem Vulkan im Südpazifik enthielt ungewöhnlich wenig Schwefel, aber viel Wasserdampf. "Die enorme Menge an Wasserdampf, die bei seiner Eruption freigesetzt wurde, führte zu erheblichen Veränderungen in der Atmosphäre", berichtete Matthias Stocker. Er hat die Auswirkungen für die hohen Luftschichten untersucht und ist Erstautor der Publikation, in jüngst in "Communications Earth & Environment" erschienen ist, wie die Uni Graz am Mittwoch mitteilte.
Abkühlung der Stratosphäre um bis zu vier Grad Celsius
"In unserer Studie haben wir mittels Satellitenbeobachtungen eine außergewöhnlich starke Abkühlung der Stratosphäre um bis zu vier Grad Celsius festgestellt, die bis Mitte 2023 anhielt", erklärte der Forscher vom Grazer Wegener Center. Der Wasserdampf hält die von der Erde kommende Wärmestrahlung in der Atmosphäre zurück. "Diese Abkühlung setzt sich in noch höheren Luftschichten fort und wird sich voraussichtlich noch mehrere Jahre lang auswirken", so Stocker. Die stratosphärische Hydration werde "voraussichtlich über Jahre hinweg die Zusammensetzung, die thermische Struktur, die Zirkulation und die Dynamik" beeinflussen - insbesondere der Südhalbkugel, wie die Autoren zusammenfassten.
Andrea Steiner, Co-Autorin und Leiterin des Grazer Forschungsteams, führte weitere Auswirkungen an: "Es kommt zu Veränderungen in der Zusammensetzung und Zirkulation der Atmosphäre, wie etwa zur Zerstörung von Ozon und zu einer Vergrößerung des antarktischen Ozonlochs". Sie hält die Auswirkungen dieses Vulkanausbruchs auf das bodennahe Klima jedoch für vergleichsweise gering. Forschung dazu sind allerdings noch im Gange.
Die Studienautoren betrachten den Ausbruch des Hunga auch als natürliches Experiment, das verstehen hilft, welche Folgen Eruptionen für die Atmosphäre haben. "Darüber hinaus helfen die Ergebnisse unserer Forschungen bei der Optimierung von Klimamodellen sowie bei der Verbesserung von Vorhersagen über globale Veränderungen der atmosphärischen und klimatischen Prozesse", unterstrich Stocker die Bedeutung der Publikation.
Service: Observed impacts of the Hunga eruption on stratospheric temperature, M. Stocker, A.K. Steiner, F. Ladstädter, U. Foelsche, W.J. Randel, Communications Earth & Environment, doi:10.1038/s43247-024-01620-3, https://www.nature.com/articles/s43247-024-01620-3
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