Heli-Flug-Premiere - Klagenfurter Forscher blickt "gespannt" auf Mars

9. April 2021 - 5:05

Der an der Universität Klagenfurt tätige Schweizer Forscher Stephan Weiss ist einer der Entwickler jener Systeme, mit denen die Helikopter-Drohne "Ingenuity" ihren Jungfernflug auf den Mars absolvieren soll. Die NASA bemühte im Vorfeld bereits Vergleiche zum Erstflug der Brüder Wright im Jahr 1903 - für Weiss ein in Teilaspekten legitimer Vergleich. Dem Erstflug am Mars fiebert der Forscher nun "gespannt" entgegen, schief gehen könne nämlich einiges.

Mittels Kameras und einer speziellen Software soll die Orientierung im Krater gelingen
Mittels Kameras und einer speziellen Software soll die Orientierung im Krater gelingen

Am 17. Dezember 1903 hoben die Brüder Wright in North Carolina zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte mit einem motorisierten Flugzeug ab. Sogar ein kleines Stück Stoff aus dem historischen Flugzeug wurde an einem Kabel des nun in dem ausgetrockneten See "Jezero Crater" stehenden 1,8 Kilogramm schweren Mini-Hubschraubers befestigt. Frühestens am 11. April könnte der Erstflug am Roten Planeten gelingen. Rund 30 Sekunden soll "Ingenuity" ("Einfallsreichtum") in der dünnen Atmosphäre um den Mars-Rover "Perseverance" schweben - so der ehrgeizige Plan.

"Die Gebrüder Wright haben die Aerodynamik zum ersten Mal verstanden und richtig eingesetzt", so Weiss im Gespräch mit der APA: "Hier ist nun die Aerodynamik natürlich bekannt. Nichtsdestotrotz fliegen wir zum ersten Mal auf einem anderen Planeten." Insofern sei der Vergleich "nachvollziehbar. Wenn man aber technisch ins Detail geht, scheiden sich natürlich die Geister", sagte der Leiter des Instituts für Intelligente Systemtechnologien der Uni Klagenfurt.

Orientierung mittels Kamera

Mittels Kameras und einer am Jet Propulsion Laboratory (JPL) des California Institute of Technology (Caltech) entwickelten Software soll dem kleinen Hightech-Gerät die Orientierung im Krater gelingen. Letztendlich will man dann auch die Topografie der Umgebung festhalten. Weiss setzt sich seit seiner Dissertation an der ETH Zürich mit der Entwicklung von innovativen Kamera-basierten Orientierungs- und Navigationssystemen auseinander. Zwischen 2012 und 2015 war er in der Sache am JPL tätig, wo er seine Ideen weiter verfolgen konnte. Weiss und sein Team sind als einer der Entwickler des Algorithmus des nun am Mars angewendeten Systems weiter am wissenschaftlichen Projekt beteiligt.

Zuletzt ging es in Besprechungen u.a. um das Sichten der Bilder im Umfeld des Helikopters, der sich am Roten Planeten nicht anhand von GPS-Daten orientieren kann. Um kamerabasiert und autonom fliegen zu können, kann das System nämlich einzig die am Mars aufgenommenen Bilddaten zur Navigation heranziehen. Trotz der konturarmen Umgebung, die dadurch nicht viele markante Anhaltspunkte bietet, "schaut alles eigentlich recht gut aus", so Weiss.

Was alles schiefgehen kann

Die Liste an Dingen, die potenziell schief gehen können, ist trotzdem "fast endlos", was auch die Forschung der Gruppe an der Kärntner Uni immer wieder zeige. Sie reicht von einem Sandkorn, das einen mechanischen Ablauf stört, über den möglichen Verlust von Daten durch Strahlungseinflüsse bis zu ungünstigen Windverhältnissen in der dünnen Marsatmosphäre. Ungünstige Kombinationen an Einflüssen während des Fluges könnten die Drohne überdies destabilisieren, erklärte der Wissenschafter.

Für Weiss dominiert jedoch der optimistische Blick auf den kommenden Sonntag: "Schon dass wir so weit gekommen sind, ist natürlich höchst erfreulich." Es fehle eben einzig der Druck auf den Knopf zum Start der Rotoren, die in der kaum vorhandenen Atmosphäre 2.537 Umdrehungen in der Minute schaffen müssen. Weiss: "Die Rotoren werden sich sicher drehen. Was danach passiert - da ist man immer vorsichtig."

Alles hoffe natürlich auf ein erstes Abheben. Schafft man es in weiterer Folge, ein Quadrat zu fliegen, gebe das schon gute Aufschlüsse, wie genau die Algorithmen die Drohne etwa wieder zum Ausgangspunkt bringen können, erklärte Weiss: "Das gibt dann aus technischer Sicht eine sehr gute Basis."

Das gesamte Team warte nun auf die ersten Bilder der Navigationskamera der Drohne nach dem ersten Flugversuch. Die können dann auch "mit unseren Algorithmen auf der Erde getestet werden". Sich nämlich in derart kontrastarmen Umgebungen auch auf der Erde automatisiert fliegend fortzubewegen, sei eine sehr interessante Forschungsfrage. Der geht das Team auch im Rahmen der Mars-Analog-Missionen "AMADEE-20" nach, die vom Österreichischen Weltraum Forum (ÖWF) organisiert wird. In Mars-ähnlicher Umgebung in der Wüste Israels soll im Herbst im Experiment "AMAZE" die Kamera-basierte Navigation ebenfalls erprobt werden.

Service: "Perseverance"-Website: https://mars.nasa.gov/mars2020/; NASA zu "Ingenuity": http://go.apa.at/yjk4Qe3P

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP/NASA/JPL-CALTECH))

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