Grazer und Wiener Forscher beschreiben ultraschnelle Prozesse

13. Februar 2020 - 11:41

Die Theorie mit der Praxis verbunden haben Forschende der TU Graz und der Uni Wien: Sie kombinierten zwei Methoden, Experimente mit ultrakurzen Laserpulsen und theoretische Simulationen, um ultraschnelle lichtinduzierte Prozesse in Molekülen zu beschreiben. So konnte erstmals der Energiefluss im Molekül Aceton zwischen drei eng zusammenliegenden Zuständen beobachtet werden.

Markus Koch leitet die Arbeitsgruppe Femtosecond Dynamics
Markus Koch leitet die Arbeitsgruppe Femtosecond Dynamics

Was bisher noch nicht möglich war, also die Beschreibung der Prozesse in einigen Molekülen, deren Zustände sehr nah beieinander liegen und deshalb nicht einzeln erfasst werden konnten, ist nun machbar. Der Experimentalphysiker Markus Koch und seine Kollegen von der TU Graz demonstrieren das gemeinsam mit Forschenden des Instituts für Theoretische Chemie der Universität Wien unter Leitung von Leticia Gonzalez in einer Studie in der Fachzeitschrift "The Journal of Physical Chemistry Letters" am Beispiel des Moleküls Aceton. Laut Mitteilung der TU liefert die Kombination der zwei Techniken den Forschenden einen tieferen Einblick in die Dynamiken des Moleküls Aceton. Koch spricht von einem weiteren Meilenstein in der Erforschung von Licht-Materie-Wechselwirkungen.

In den vergangenen Jahren nutzten die Grazer Forscher Anregungs-Abfrage-Experimente mit Hilfe der Femtosekunden-Photoelektronenspektroskopie, um lichtinduzierte ultraschnelle Prozesse zu beschreiben. Dabei versetzt ein erster ultrakurzer Laserpuls das molekulare System in einen gewünschten angeregten Zustand. Ein zweiter - zeitlich verzögerter - Puls fragt anschließend den aktuellen Anregungszustand ab, indem das Molekül ionisiert wird. Die Energie der so erzeugten Photoelektronen lassen Rückschlüsse auf den Energiefluss im Molekül zu. Die Pulse in dieser Methode haben jedoch keine genau definierte Wellenlänge, sondern ein breites Spektrum, wodurch die Prozesse bei einigen Molekülen nicht genau beschrieben werden können. Das liegt daran, dass die Energiezustände bei einigen Molekülen zu eng zusammenliegen und deshalb von den Pulsen nicht einzeln selektiert werden können.

Zweite Methode umfasst theoretische Simulationen

Laut Mitteilung der TU Graz ist es den Wiener und Grazer Forschern gelungen, die experimentelle Methode der Femtosekunden-Photoelektronenspektroskopie mit einer zweiten Methode zur Beschreibung von lichtinduzierten Prozessen zu kombinieren und somit die Unschärfe zu überwinden. Die zweite Methode umfasst dabei theoretische Simulationen der Prozesse im Molekül. Mithilfe der Kombination konnten die ultraschnellen lichtinduzierten Prozesse des Moleküls Aceton - das schon gut erforscht ist - an einer Schlüsselposition zwischen drei eng zusammenliegenden Zuständen nun erstmals beobachtet werden. Beide Methoden für sich sind weit verbreitet, doch "während die Energie-Zeitunschärferelation in der Femtosekunden-Spektroskopie präzise Ergebnisse verhindert, geben die Echtzeit-Simulationen tiefere Einblicke in die Moleküldynamik, die jedoch wiederum die experimentellen Ergebnisse benötigen, um verifiziert zu werden", erklärte Koch.

Seit den 1990er-Jahren erforscht die Femtochemie ultraschnelle Prozesse auf molekularer Ebene. Die Arbeitsgruppe Femtosecond Dynamics am Institut für Experimentalphysik der TU Graz hat sich auf Licht-Materie-Wechselwirkungen spezialisiert. "Ein exaktes Verständnis jener Prozesse, die durch Photoanregung in Molekülen ausgelöst werden, ist beispielsweise Voraussetzung für die Entwicklung nachhaltiger Technologien, die eine auf Sonnenenergie basierende Energieversorgung ermöglichen", so Koch. Als Beispiel nannte er Photokatalyse, bei der Sonnenlicht in chemische Energie, etwa für Brennstoffzellen, umgewandelt wird, was gegenüber elektrischer Energie aus Photovoltaik Vorteile im Hinblick auf Langzeitspeicherung und Energiedichte bringt.

Service: P. Heim, S. Mai, B. Thaler, S. Cesnik, D. Avagliano, D. Bella-Velidou, W. E. Ernst, Leticia González & Markus Koch: "Revealing Ultrafast Population Transfer between Nearly Degenerate Electronic States", The Journal of Physical Chemistry Letters 0, 11, 2020, https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acs.jpclett.9b03462

(APA/red, Foto: APA/Lunghammer/TU Graz)

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