Eine weitläufige Grabhügelgruppe im mittleren Pölstal nordwestlich von Judenburg (Bezirk Murtal) lässt Archäologen staunen. Die Anordnung der erfassten Grabbauten, im Boden verborgen, ist außergewöhnlich: Sie sind in drei mehrere Hundert Meter lange Reihen wie auf einer Perlenkette aufgereiht. "Bei uns in Mitteleuropa ist das etwas vollkommen Fremdes", zeigte sich der renommierte Ur- und Frühgeschichtler Markus Egg in einem Pressegespräch am Dienstag verblüfft.
Bodenradar ist eine hilfreiche Methode, um archäologische Strukturen unter der Erde rein durch Messung an der Oberfläche zu detektieren. Es kann die Böden bis in mehrere Meter Tiefe durchleuchten - "quasi wie ein Lungenröntgen für den Boden", wie Peter Koch von der Arbeitsgemeinschaft Geschichte und Archäologie AGGA mit Sitz in Graz schilderte. Einzelheiten gab es am Dienstag in Spielberg. In der Gemeinde Pöls-Oberkurzheim hat das Georadar der Geosphere Austria den zerstörungsfreien Blick in den Boden des mittleren Pölstal ermöglicht. Hier wird die Region am Fuße des Triebener Tauernpasses, der schon in der Antike eine bedeutende Rolle als Passstraße hatte, systematisch erforscht. Die Ergebnisse der Prospektion von Anfang November überraschten die Experten.
25 Hektar mittels Bodenradar untersucht
"Wir haben in drei Tagen eine Fläche von 25 Hektar mittels Bodenradar und der geomagnetischen Prospektion untersucht und etliche große Grabhügel und ebenso einige kleinere Monumente unter der Erde ausmachen können", erklärte Klaus Löcker, Archäologe in der Abteilung Angewandte Geophysik der Geosphere Austria gegenüber der APA. Obwohl das Gelände jetzt flach mit maximal leichten Kuppeln ist, dürften die Grabhügel zwischen fünf und zehn Meter hoch gewesen sein und einen Durchmesser von 20 bis 35 Metern gehabt haben, wie der Projektleiter von Geosphere Austria schätzte.
Wirklich aufsehenerregend ist aber die Positionierung der ins Erdreich gesunkenen Grabhügel: "Sie sind in zumindest drei Reihen angeordnet und queren das Pölstal wie auf einer Perlschnur aufgefädelt in Ost-West-Richtung. Rund alle 50 bis 80 Meter ein Hügel und dazwischen auch noch kleinere Monumente", schilderte der Archäologe, der im Winter die restlichen rund 15 Hektar prospektieren wird.
Vergleichbar mit Stonehenge
"Ich habe viele Grabhügelgruppen im Laufe meiner langen Forschungstätigkeit gesehen, aber so eine Gruppe in Reihen angeordnet, über so lange Strecken hinweg, ist mir unbekannt gewesen. Das Einzige, was mir als Vergleich einfällt, wäre die Rituallandschaft in der Umgebung von Stonehenge, wo auch archäologische Grabhügel in ähnlicher Anordnung vorkommen", so Markus Egg. Aus der Sicht des ehemaligen Direktors für Vorgeschichte und Leiter der Restaurierungswerkstätten des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz sei die Struktur "fast einzigartig."
Wie alt die entdeckten Strukturen sind, steht noch nicht fest: "Ohne die Öffnung eines der Grabhügel wird man das nicht datieren können. Da ist eine Nachgrabung unbedingt notwendig. Nur mit der geophysikalischen Prospektion kann man es leider nicht zeitlich bestimmen", wie der gebürtige Tiroler betonte.
Datierung der Grabhügel noch unklar
Auch Löcker blieb bei der Datierung der Grabhügel zurückhaltend: "Da braucht es noch eine weitere Geländebegehung, und dann kann man mit einer gut überlegten Fragestellung einen Hügel aufmachen. Unser heißester Tipp wäre die Eisenzeit, zwischen 800 und 500 vor Christus, in der La Tene-Zeit gibt es so große Grabhügel nicht mehr, und dass wir uns mit den Hügeln in der Bronzezeit befinden, ist eher unwahrscheinlich", so Löcker. Damit würde man zeitlich nahe bei der Datierung des hallstattzeitlichen "Strettweger Kultwagens", der nur rund 20 Kilometer entfernt bei Judenburg gefunden wurde, zu liegen kommen.
Nach Abschluss der Prospektionen sei aus Sicht von Löcker eine Grabung noch 2025 oder 2026 zeitlich denkbar. "Das ist jedenfalls ein Monument, das national sehr spannend und international von Bedeutung ist", schätzte Löcker die ersten Auswertungen ein. Unklar ist auch, wer in den Grabhügeln bestattet wurde: "Es waren sicher Leute mit hohem Status in der Gesellschaft. Das konnten Frauen ebenso sein wie Männer. Wie sie sich benannt haben oder wurden, wissen wir nicht", schloss Löcker.
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