Goldschmiede waren in Bronzezeit von Troja bis Indus verkettet

30. November 2022 - 11:59

Die Goldschmiedekünstler waren in der frühen Bronzezeit (vor rund 4.500 Jahren) vom Mittelmeerraum bis zum Industal eine eng verschweißte Gemeinschaft, berichtet ein österreichisch-deutsches Forscherteam. Sie lernten voneinander, formten Ketten, Ringe und Schmucknadeln im selben Stil, und verwendeten Goldstaub vom selben Ursprung. Es gab damals also ausgeprägte Handelsbeziehungen zwischen den weit entfernten Regionen, so die Forscher im "Journal of Archaeological Science".

Die kostbaren Schmuckstücke wurden schonend analysiert
Die kostbaren Schmuckstücke wurden schonend analysiert

Ein Team um Barbara Horejs vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und den österreichischen Wissenschafter Ernst Pernicka vom Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Mannheim (Deutschland) konnte erstmals die Materialzusammensetzung des "Schatzes des Priamos" detailliert analysieren, den Heinrich Schliemann 1873 in Troja ausgegraben hat. "Er dachte damals, dass man schnell die Schätze versteckt hat, bevor die Griechen Troja eroberten", sagte Horejs im Gespräch mit der APA. Doch der vom griechischen Dichter Homer in der "Ilias" geschilderte trojanische Krieg habe, wenn überhaupt, in der Spätbronzezeit stattgefunden, während die Schmuckstücke aus der frühen Bronzezeit stammen. Sie sind mehr als tausend Jahre älter.

Tragbarer Laser erleichtert Analyse

Mit einem neu entwickelten, tragbaren Lasergerät durften die Forscher Probenmaterial aus den Schmuckstücken entnehmen. "Die Halsketten, Anhänger, Ohr- und Halsringe des Museums sind so kostbar, dass sie weder in ein Labor transportiert, noch auf eine Weise untersucht werden dürfen, die sichtbare Schäden an den Objekten hinterlässt", erklärten sie in einer Aussendung. Das war bisher nicht möglich. "Der tragbare Laser schmilzt für eine Probeentnahme vor Ort im Museum aber ein so kleines Loch in die Stücke, dass es mit bloßem Auge nichts zu erkennen ist", so die Forscher. Im Labor untersuchten sie dann mittels Massenspektrometrie die genaue Zusammensetzung.

Neben Gold enthält historischer Schmuck immer auch andere Elemente wie Silber, Kupfer, Zinn, Palladium und Platin, berichten sie. Die Mengenverhältnisse geben Auskunft über die Herkunft des Materials. "So sind die hohen Konzentrationen von Zinn, Palladium und Platin im Troja-Schmuck ein klarer Hinweis darauf, dass das dafür verarbeitete Material als Goldstaub aus einem Fluss gewaschen wurde", schrieben sie.

Insgesamt untersuchten die Forscher 61 güldene Artefakte, die allesamt aus der frühen Bronzezeit vor 4.500 bis 4.000 Jahren stammten, und an verschiedenen Orten gefunden wurden. Die chemische Zusammensetzung der trojanischen Schätze ist deckungsgleich mit jener von Goldobjekten aus der griechischen Siedlung Poliochni auf der Mittelmeerinsel Lemnos, Funden aus den Königsgräbern im mesopotamischen Ur und von Objekten in Georgien, erklärten sie. Sogar bis zum Industal habe man "auffällig ähnliche Gegenstände" gefunden. "Wir wissen nach wie vor nicht, woher das Ausgangsmaterial kommt", so Horejs. Klar sei nun allerdings, dass alle Gold vom selben Ursprung nutzten. Anders sei beispielsweise der identische Anteil von Platin und Palladium in den Goldplättchen von Halsketten gleicher Machart, die aber an unterschiedlichen Orten gefunden wurden, nicht zu erklären.

Kleiner Kreis an Spezialisten

Die damaligen Feinhandwerker stellten ihre Ringe, Anhänger und Ketten nicht nur auf extrem hohen Niveau her, sondern arbeiteten auch im selbem Stil. Es gab demnach einen kleinen Kreis an spezialisierten Goldschmiedekünstlern, die diese Schmuckstücke nach überregionalem "Mainstream-Geschmack" für die Fürsten und Könige herstellten, sagte Horejs: "Alle Eliten in diesem großen Raum wollten offensichtlich die gleichen Formen von Ohrringen oder speziellen Nadeln."

Die Goldschmiedeaspiranten sind demnach wohl zu berühmten Künstlern in fernen Regionen gewandert, um von ihnen zu lernen. Anschließend kehrten sie zurück, gründeten ihre eigene Werkstatt, und bedienten ihre Fürsten und Könige. "Das können wir natürlich nicht beweisen, aber es ist ein sehr wahrscheinliches Modell für eine kulturelle Interpretation der Ergebnisse", so die Forscherin. Man müsse jedoch definitiv davon ausgehen, dass sie miteinander in Kontakt waren, denn es sei kaum vorstellbar, dass solche Ähnlichkeit auf derart hohem handwerklichen Niveau durch simple Imitation möglich ist.

Publikation: https://doi.org/10.1016/j.jas.2022.105694

(APA/red, Foto: APA/ÖAW/ÖAI/Christoph Schwall)

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