Genie und ein bisschen Popstar: Astrophysiker Stephen Hawking ist tot

14. März 2018 - 8:36

Abschied vom einem Popstar der Wissenschaft: Der britische Astrophysiker Stephen Hawking ist tot. Der 76-Jährige starb am frühen Mittwochmorgen friedlich in seinem Haus in Cambridge, wie seine Familie mitteilte. Hawking litt an der Muskel- und Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose), die ihn zwar körperlich einschränkte, seinen Erfolg als populärer Welt-Erklärer jedoch nicht trübte.

Hawking litt an Amyotropher Lateralsklerose
Hawking litt an Amyotropher Lateralsklerose

"Er war ein großer Wissenschafter und ein außergewöhnlicher Mann, dessen Arbeit und Vermächtnis noch viele Jahre weiterleben werden", erklärten seine Kinder Lucy, Robert und Tim. "Wir werden ihn für immer vermissen."

Sein Tod löste weltweit zahlreiche Reaktionen aus, die auch auf seinen Humor anspielten. Die Universität Cambridge, an der Hawking Jahrzehnte forschte, bezeichnete ihn als "eine Inspiration für Millionen". Die britische Premierministerin Theresa May hob unter anderem seinen Mut und Sinn für Späße hervor.

Die US-Weltraumbehörde NASA würdigte ihn als "Botschafter der Wissenschaft". "Wir haben einen kolossalen Verstand und einen wundervollen Geist verloren", schrieb Tim Berners-Lee, Erfinder des World Wide Web, auf Twitter.

Erinnerungen an "wahnsinnig genialen" Wissenschafter

Der österreichische Physiker und nunmehrige Tierschützer Martin Balluch arbeitete ab Ende der 1980er Jahre acht Jahre lang in Cambridge im Umfeld des Ausnahmephysikers und Wissenschaftskommunikators. In diese Zeit fiel auch die Veröffentlichung seines Bestsellers "Eine kurze Geschichte der Zeit" (1988) mit der Hawking auch einer breiten Öffentlichkeit zum Begriff wurde. "Wenn er Vorträge gehalten hat, ist alles übergequollen - es war unglaublich", erinnerte sich Balluch im Gespräch mit der APA an den "wahnsinnig genialen" Wissenschafter.

Hawking litt seit mehr als einem halben Jahrhundert an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit ALS. "Ich habe keine Angst vor dem Tod", sagte er einmal. Aber er habe keine Eile damit, zu sterben. Hawking saß seit vielen Jahren im Rollstuhl und war fast völlig bewegungsunfähig. Als Balluch damals nach Cambridge kam, konnte Hawking zwar noch sprechen, "es war aber sehr schwer, ihn zu verstehen, man musste schon sehr geübt sein". Anfang der 1990er Jahre erfolgte dann die Umstellung auf einen Sprachcomputer. Seither konnte er sich nur noch mühsam mit Hilfe des Computers verständigen.

Die Fachwelt schätzte Hawking wegen seiner Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu Schwarzen Löchern. "Ich möchte das Universum ganz und gar verstehen", sagte er einmal. "Ich möchte wissen, warum es so ist, wie es ist, und warum es überhaupt existiert."

Langsame Krankheit, schneller Aufstieg

Hawking wurde am 8. Jänner 1942 geboren. Seine Erkrankung wurde bereits in seiner Zeit als Physikstudent erkannt - Ärzte sagten ihm damals nur noch wenige Jahre Lebenszeit voraus. Auf den Rollstuhl war er ab 1968 angewiesen. Doch die Krankheit schritt bei ihm sehr langsam voran und konnte seinen Aufstieg in der Wissenschaft nicht aufhalten: 1979 wurde er Professor für Mathematik in Cambridge, über 30 Jahre lang hatte er dort den renommierten Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik inne - und stand damit in der Nachfolge von Isaac Newton.

Das Privatleben kam trotz seiner Karriere nicht zu kurz. Hawking war zweimal verheiratet und hatte drei Kinder. 30 Jahre lang war er mit seiner Jugendliebe, Jane Hawking, verheiratet, doch die Ehe scheiterte - später bezeichnete sie ihn als einen "Haustyrannen". 1995 heiratete Hawking seine Pflegerin, Elaine Hawking. Die Verbindung dauerte elf Jahre.

Trotz Gesundheitsproblemen lief das Gehirn des Genies stets auf Hochtouren. Neue Theorien entwickelte Hawking zu Schwarzen Löchern und dem Urknall: Die Schwarzen Löcher im All sind demnach keine Endstationen. Zwar saugen sie durch ihre enorme Schwerkraft alles ein, was ihnen zu nahe kommt, und lassen nicht einmal das Licht entkommen. Hawking konnte aber in der Theorie zeigen, dass Schwarze Löcher sehr langsam verdampfen - eine Folge der Quantenphysik. Die dabei entstehende Hawking-Strahlung ließ sich bisher nicht nachweisen. Andernfalls hätte er womöglich längst einen Nobelpreis erhalten.

Bereits als Doktorand hatte Hawking 1965 zusammen mit dem Briten Sir Roger Penrose zudem einen wichtigen mathematischen Beleg für die Urknalltheorie geliefert. Die Idee vom Urknall war damals noch umstritten, unter anderem weil in dieser mathematischen "Singularität" die Naturgesetze nicht mehr gelten und so eine Art Schöpfungsakt notwendig zu werden schien. Er beschäftigte sich mit Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie und konnte zeigen, dass sie einen Anfang des Universums voraussagte. Später zeigte er jedoch, dass der Anfang des Universums nicht zwangsläufig in einer Singularität gelegen haben muss.

Auf der Suche nach der "Weltformel"

Außerdem versuchte Hawking über Jahrzehnte, die Relativitätstheorie mit der Quantenphysik zu vereinen und auf diese Weise eine Art "Weltformel" zu finden - in der Sprache der Physiker eine "Große Vereinheitlichte Theorie", die alle Bereiche des Universums beschreiben kann. Darüber sprach er auch bei einem Vortrag anlässlich seines letzten Österreich-Besuchs im Juni 1998 in Wien.

Er war eine Art Popstar der Wissenschaft und schreckte nicht davor zurück, zu populären Ideen wie Zeitreisen und Außerirdischen Stellung zu nehmen. In seinen letzten Jahren trat Hawking immer wieder als Mahner auf. Intelligente Roboter, Klimaerwärmung, Atomkrieg und durch Gentechnik hergestellte Viren könnten die Erde gefährden, warnte er. Seine Botschaft: Die Menschheit müsse sich Ausweichmöglichkeiten im All schaffen, falls es zu einer hausgemachten Katastrophe kommen sollte. Hawking war überzeugt: "Früher oder später müssen wir zu den Sternen schauen", wie er auch in dem emotionalen Video, das die Universität Cambridge am Mittwoch ins Internet stellte, erklärte.

Service: Hawkings offizielle Website: http://www.hawking.org.uk; Die letzte Videobotschaft: http://go.apa.at/yuX0PbqW)

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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