Der Stammbaum der europäischen Gebärdensprachen hat drei starke Äste - die Wissenschafter sprechen von Abstammungslinien, die in Österreich, England und Frankreich ihren Ursprung haben, und drei zartere aus Russland, Spanien und Schweden. Die österreichische Linie ist aber nicht der direkte Vorgänger der heute gebräuchlichen Gebärdensprache, so Forscher im Fachblatt "Royal Society Open Science".
Ein internationales Team um Justin Power von der University of Texas in Austin (USA) und Johann-Mattis List vom Max Planck Institut für Menschheitsgeschichte in Jena (Deutschland) untersuchte die Geschichte von 40 lebenden und 36 toten Gebärdensprachen. Sie verwendeten dabei Methoden, die in der Biologie entwickelt wurden, um die Evolution von Lebewesen zu rekonstruieren. Damit erstellten sie quasi einen Stammbaum der Gebärdensprachen über die vergangenen Jahrhunderte hinweg.
Sechs Hauptäste
Dabei zeigten sich sechs Hauptäste, welche die Ausbreitung der Gebärdensprache in verschiedenen Teilen der Welt seit Beginn des 18. Jahrhunderts symbolisieren. Ein starker Ast ist die österreichische Abstammungslinie, aus der sich auch ein dänischer Zweig entwickelt hat. Dieser setzt sich allerdings nur in im Isländischen sowie einer russischen Abstammungslinie fort.
Die heute in Österreich verwendete Gebärdensprache hat sich laut der Studie großteils aus der französischen Abstammungslinie entwickelt. Das gilt auch für die internationale und die heutigen Formen der holländischen, deutschen, brasilianischen, dänischen und italienischen Gebärdensprachen.
Auch die russische Abstammungslinie hat ihren Ursprung in Österreich, so die Forscher. Sie ist heute großteils ebenso gebräuchlich wie der britische und die etwas kleineren Zweige der schwedisch- und spanischstämmigen Gebärdensprachen.
Service: http://dx.doi.org/10.1098/rsos.191100
(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))